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Erschließung historischer Datenbestände - Digitalisierung von Pegelbögen

Im Pegelarchiv der LUBW befinden sich Pegelakten und Schreibstreifen mit Wasserstandsdaten von über 800 Pegeln. Die Zeitreihen beginnen teilweise im 19. Jahrhundert. Bereits ab den 1970er Jahren erfolgt eine teilweise Digitalisierung dieser Messreihen. Damals wurden grafisch auf den Schreibstreifen von den Ganglinien der Wasserstände Tagesmittel ermittelt, die dann eingetippt wurden. Die von den Pegelbeobachtern und Sachbearbeitern auf den Schreibstreifen gemachten Aufzeichnungen, die wichtige Hinweise für die Datenkorrekturen lieferten, wurden dabei nicht digitalisiert. Die aus dieser ersten EDV-Erfassung verfügbaren, teilweise stark verdichteten Daten enthalten nur einen Bruchteil des Informationsgehaltes der Schreibstreifen.
Heute liegen die Ansprüche an die Messdaten deutlich über der Angabe nur eines Tagesmittelwerts pro Tag. Die im LUBW-Archiv gelagerten historischen Messwerte sind daher eine unersetzliche Datenbasis für die Auswertung historischer Hoch- und Niedrigwasser und somit auch zur Analyse von Klimaänderungen.
Aber auch aus weiteren Gründen wurde mit einer vollständigen Digitalisierung des Archives begonnen:

  • Sicherung der Unterlagen vor dem fortschreitenden Zerfall
  • Vereinfachte und schnellere Zugänglichkeit der Daten sowie verbesserte Vergleichbarkeit historischer Informationen mit digital vorhandenen Daten
  • Reduzierung der bisher erforderlichen Archivfläche

Digitalisiert werden insgesamt etwa 900.000 Schreibstreifen sowie etwa 100.000 „Beobachterblätter“. Aktuell wurden bereits mehr als 200 Umzugskartons archivierter Pegelbögen für die Digitalisierung vorbereitet und dem beauftragten Dienstleister bereitgestellt. Das entspricht in etwa der Hälfte des Gesamtbestandes.

Pegelarchiv der LUBW mit in Hängemappen gelagerten Pegelbögen
Bild zeigt: Pegelarchiv im Keller der LUBW: In Hängemappen gelagerte Pegelbögen werden katalogisiert und zum Abtransport verpackt. Bildnachweis: LUBW

Handschriftlicher Pegelbogen aus Gaildorf von 1949

Bild zeigt: Pegelbogen des Pegels Gaildorf – Kocher. Viele weitere Informationen sind auf dem Papier handschriftlich erfasst. Diese wurden bislang noch nicht digitalisiert. Bildnachweis: LUBW

 Bisheriger Datenbestand an der LUBW: Hochwasserereignis am Pegel Gaildorf - Kocher mit Tagesmittelwerten ohne weitere Bemerkungen
Bild zeigt: Bisheriger Datenbestand an der LUBW: Hochwasserereignis am Pegel Gaildorf - Kocher mit Tagesmittelwerten ohne weitere Bemerkungen. Bild: LUBW

Die Archivbögen werden von einem Dienstleister eingescannt und die Koordinaten des Schreibstreifens mittels Künstlicher Intelligenz (KI) zugeordnet. Auf diese Weise können die Pegelbögen als Hintergrundbild im Fachinformationssystem Pegel im Vergleich zu den vorhandenen Daten eingeblendet werden.
Fachinformationssystem FIS-Pegel mit Tagesmittelwerten (blaue Linie) und hinterlegtem Pegelbogen
Bild zeigt: Fachinformationssystem FIS-Pegel mit Tagesmittelwerten (blaue Linie) und hinterlegtem Pegelbogen. Bildnachweis: LUBW

Des Weiteren wird die Ganglinie des Schreibstreifens mittels Bilderkennung als 15-Minuten-Werte digitalisiert, wobei KI-Verfahren zum Einsatz kommen. Es gibt ein gutes Dutzend unterschiedlicher Formate an Pegelbögen, teilweise wurden die Skalierungen oder die Zeitskala handschriftlich korrigiert. Diese Korrekturen können nur manuell erfasst werden. Außerdem sind im Einzelfall die Aufzeichnungen stark verblasst und können durch die KI nicht erkannt werden.

Mit Hilfe von KI-Verfahren kann die Ganglinie auf dem Schreibbogen ausgelesen und ausgewertet werden
Bild zeigt: Mit Hilfe von KI-Verfahren kann die Ganglinie auf dem Schreibbogen ausgelesen und ausgewertet werden (grüne Linie). Bildnachweis: LUBW

Aktuell hat der Gewässerkundliche Dienst der LUBW vollumfänglich digitalisierte historische Daten für bisher 25 Pegel erhalten, welche nun geprüft werden. Bereits jetzt wurden viele neue Kenntnisse über die Messstellen und deren Historie erworben, wie beispielsweise Pegelumbauten und Verlegungen der Messstellen.

Es ist beabsichtigt, das Projekt zur Digitalisierung von Pegelbögen im Jahr 2021 abzuschließen.

Mehr zum Thema:
Aktuelle Pegelstände finden Sie auf der Seite der Hochwasservorhersagezentrale oder in der App „Meine Pegel“. Diese ist für Android und iOS kostenlos erhältlich.

 

Bildnachweis: TypoArt BS/shutterstock.com