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LUBW Monatsthema Lebensräume: Hohlwege - ein Lebensraum mit Geschichte

Der Lössboden ist 2021 der Boden des Jahres. Löss ist ein homogenes, feinkörniges Sediment, das hauptsächlich aus Schluff und in geringeren Anteilen aus Ton und Feinsand besteht. Er ist besonders fruchtbar und ist für die Landwirtschaft sehr wertvoll. In lössreichen Regionen ließen sich daher Siedler nieder, betrieben Ackerbau und formten die bis heute bekannten und gerne begangenen Hohlwege. Heute sind diese ein Lebensraum für viele kleine und große Tiere.
Hohlweg bei Zeutern im Kraichgau

Bild zeigt: Hohlweg bei Zeutern im Kraichgau, Bildnachweis: LUBW

geteerter Hohlweg bei Oberöwisheim im Kraichgau

Bild zeigt: geteerter Hohlweg bei Oberöwisheim im Kraichgau, Bildnachweis: LUBW

Durch Erosion und Verwitterung kann sich der Anblick eines Hohlwegs über die Jahrhunderte stark verändern. Einige von ihnen sind nur noch schwach zu erkennen, auch weil zahlreiche Hohlwege als befahrbare Straßen überbaut wurden. Insbesondere im Kraichgau gibt es jedoch noch einige beeindruckende Hohlwege. Die Lössböden zeigen noch heute die Spuren unserer Vorfahren und zeugen von Jahrhunderte alter Kultur- und Naturgeschichte.
In ihnen finden sich fossile Böden (lat. fossilis = begraben), die vor hunderttausenden von Jahren in der Eiszeit entstanden. Die Klima- und Umweltveränderungen der Kalt- und Warmphasen spiegeln sich im Wechsel von Löss- und weiteren Bodenbildungen wieder.
Hellbraune Lösswand mit eingeschlossenen Schichten von Paläoböden (braun) bei Riegel,

Bild zeigt: Lösswand mit eingeschlossenen Schichten von Paläoböden (braun) bei Riegel, Bildnachweis: LGRB

Löss als Lebensraum
Lösswände und Hohlweg-Böschungen bieten vielen unterschiedlichen Tieren Schutz und Lebensraum. Zu den größten von ihnen zählen Dachse, Füchse, Steinmarder und Kaninchen. Auch zahlreiche Insekten wie Bienen, Hummeln und Wespen bauen im Löss ihre Nester, die sich durch Bohrlöcher unterschiedlichster Durchmesser verraten. Viele Hautflüglerarten sind auf Löss als Brutsubstrat angewiesen, wie z. B. die Lösswand-Schmalbiene (Lasioglossum limbellum) oder die Schornsteinwespe (Odynerus spinipes). Die Anwesenheit letzterer ist gut durch die charakteristisch wasserhahnartig aus der Wand herausragenden Eingangsröhren ihrer Nester festzustellen. Ihre Brut versorgt diese Faltenwespe mit den gelähmten Larven von Rüsselkäfern. Auf Vorräte und Brut von Bienen und Wespen sind wiederum bestimmte Schmarotzer spezialisiert. Besonders prächtig sind die metallischen Goldwespen, wie die Lössgoldwespe (Chrysis mediata), deren Larven in den Nestern der Schornsteinwespe aufwachsen. Ebenfalls nutzen höhlenbrütende Vögel wie Bachstelzen, Sperlinge und Schwalben bereits vorhandenen Höhlen als Brutplatz. Die Hohlwege und Lösswände bilden so ein zusammenhängendes Ökosystem.

Lösswand mit vielen kleinen LöchernLösswand mit großem Loch

Bilder zeigen: Lösswand mit zahlreichen Löchern, die als Behausung für unterschiedliche Tiere dienen, Bildnachweis: LUBW

Hohlwege, welche tiefer als 1 Meter sind und eine Böschungsneigung größer 45 Grad haben, sind nach § 33 NatSchG (Naturschutzgesetz Baden-Württemberg) in Baden-Württemberg gesetzlich geschützte Biotope.

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