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null Grundwasser: unsere wichtigste Trinkwasser-Ressource

Landwirtschaftliche Aktivitäten sind im Grundwasser deutlich messbar: die Belastungen gehen in den letzten Jahren langsamer zurück

Titelbild einer Broschüre der LUBW zeigt eine Grundwassermessstelle
Titelbild einer Broschüre der LUBW zeigt eine Grundwassermessstelle
21.03.2024

Baden-Württemberg. „Die Konzentrationen der im Grundwasser gemessenen Schadstoffe gehen seit vielen Jahren kontinuierlich zurück. Das ist eine gute Nachricht, denn 70 Prozent unseres Trinkwassers wird aus Grund- und Quellwasser gewonnen. Niemand möchte einen Cocktail aus Chemikalien trinken. Deshalb müssen wir beim Schutz unseres Grundwassers am Ball bleiben“, so Dr. Ulrich Maurer, Präsident der LUBW Landesanstalt für Umwelt Baden-Württemberg anlässlich der Veröffentlichung des Berichtes zum „Grundwasser-Überwachungsprogramm – Ergebnisse 2022“ der LUBW.

Die LUBW analysiert jährlich die Daten aus dem Grundwassermessnetz für das vorangegangene Kalenderjahr. In jedem Bericht werden die Daten zur Grundwassermenge und Nitrat vorgestellt. Zusätzlich werden jährlich andere Schadstoffe in den Fokus der Analyse gestellt. Die Erstellung und Veröffentlichung des Berichtes benötigen je nach Analysen zwischen 8 und 14 Monate. Im Landesmessnetz Beschaffenheit der LUBW werden jährlich rund 120.000 bis 160.000 chemisch-physikalische Messwerte generiert.

Nitrat: immer noch Hauptschadstoff im Grundwasser, Werte rückläufig

Nach wie vor ist auch im Jahr 2022 Nitrat der Hauptschadstoff im Grundwasser: An rund 8 % der Messstellen im Land überschritt der Nitratgehalt den Schwellenwert der Grundwasserverordnung von 50 Milligramm pro Liter. In der langjährigen Entwicklung sind die Konzentrationen rückläufig. Seit Beginn der systematischen Messungen im Jahr 1994 hat die mittlere Nitratkonzentration im Landesmessnetz Beschaffenheit um rund 24 % abgenommen. In den letzten Jahren sind allerdings kaum noch Rückgänge zu verzeichnen.



Grafik zeigt: Entwicklung der mittleren Nitratkonzentrationen an:
  landwirtschaftlich beeinflussten Grundwassermessstellen,
   im gesamten Landesmessnetz,
  durch den Menschen wenig beeinflussten Grundwassermessstellen

In Gebieten mit hoher Nitratbelastung werden in der Regel intensiv Ackerbau oder viele Sonderkulturen betrieben. Betroffen sind insbesondere Bereiche in der nördlichen und südlichen Oberrheinebene, Teile des Kraichgaus, der Neckarraum zwischen Stuttgart und Heilbronn sowie die Region Oberschwaben. Insgesamt werden rund 45 % der Landesfläche landwirtschaftlich genutzt. Auch an den landwirtschaftlich beeinflussten Messstellen sinken die mittleren Nitratkonzentrationen seit vielen Jahren.

Seit der Novellierung der Schutzgebiets- und Aus­gleichsverordnung (SchALVO) im Jahr 2001 haben sowohl die absoluten Flächen als auch der prozentuale Anteil der hoch belasteten Sanierungsgebiete an der gesamten Fläche der Wasser­schutzgebiete deutlich abgenommen. Die mittleren Nitrat-Konzentrationen sind seitdem in den Sanierungsge­bieten um rund 14 %, in den Problemgebieten um 12 % sowie in den Normalgebieten um etwa 6 % zurückgegangen.

Pflanzenschutzmittel (PSM) – langlebig, aber größtenteils rückläufige

Der Schwellenwert für Pflanzenschutzmittel und deren Abbaustoffe (Metaboliten) wird inzwischen nur noch an 31 Messstellen überschritten, das sind 1,7 % der insgesamt im Jahr 2021 untersuchten 1.865 Messstellen. Das sind deutlich weniger als in früheren Jahren. Der Schwellenwert für Pflanzenschutzmittel liegt in der Grundwasserverordnung bei 0,1 Mikrogramm pro Liter Grundwasser.

Alleine für den Wirkstoff Atrazin wurde im Jahr 2001 der Schwellenwert noch an 39 Messstellen überschritten, das waren 1,5 % der zu diesem Zeitpunkt untersuchten 2.546 Messstellen. Im Jahr 2021 überschritt Atrazin nur noch an 5 der 1.865 Messstellen den Schwellenwert, das entspricht einem Anteil von 0,3 %. Atrazin wurde bereits in den 1990er Jahre verboten.


„Das Beispiel der Pflanzenschutzmittel macht deutlich, wie langlebig Grundwasserbelastungen sein können. Mehr als dreißig Jahre nach dem Verbot sind diese Stoffe noch messbar. Was immer wir heute an schwer abbaubaren Substanzen in unsere Böden eintragen, wird die Generation nach uns in ihrem Grundwasser vorfinden“, betont Maurer.

Daher seien Schutzmaßnahmen konsequent umzusetzen oder weiter zu verbessern. „Es gilt zu prüfen, ob die Befunde bereits bekannter Stoffe zurückgehen und ob bislang nicht untersuchte Substanzen die Grundwasserqualität gefährden oder nachteilige Veränderungen der Wasserbeschaffenheit herbeiführen können“, so Maurer.

Ein Beispiel für eine Gefahr jüngerer Zeit ist für das Grundwasser ist Trifluoracetat (TFA). TFA ist ein Abbauprodukt zahlreicher chemischer Erzeugnisse wie Kältemittel, Pharmaka und Pflanzenschutzmittel. Als Schadstoff für das Grundwasser ist es erst in den vergangenen Jahren in den Fokus gerückt und wurde im Vorjahresbericht „Grundwasser-Überwachungsprogramm – Ergebnisse 2020“ vorgestellt.

Hintergrundinformation

Qualitätssicherung, Plausibilisierung und Datenauswertung

Jährlich werden im Landesmessnetz Beschaffenheit der LUBW rund 120.000 bis 160.000 chemisch-physikalische Messwerte erhoben. Alle Messergebnisse werden auf ihre Plausibilität geprüft und nur plausible Messwerte für Auswertungen verwendet. Für Probenahme und Analytik werden von der LUBW größtenteils Dritte beauftragt.

Chemische Messwerte

Das Landesmessnetz Grundwasserbeschaffenheit besteht derzeit rund 1.900 Messstellen, welches sich aus 5 Teilmessnetzen (Routinemessnetzen) zusammensetzt. Es wird jährlich auf physikalisch-chemische Parameter untersucht. Die jährlichen chemischen Untersuchungsprogramme variieren. Sie sind so aufeinander abgestimmt, dass eine landesweite Zustandsbeschreibung für ausgewählte Parameter spätestens nach drei Jahren möglich ist.

Nitrat

Nitrat ist ein grundlegender Nährstoff für die Pflanzenernährung und -produktion. Grundwasser enthält von Natur aus wenig Nitrat. Durch den Einsatz großer Mengen stickstoffhaltiger Dünger in Landwirtschaft und Gartenbau reichert sich Nitrat im Boden an und gelangt in erhöhten Konzentrationen ins Grundwasser. Seit 1988 verpflichtet die Schutzgebiets- und Ausgleichsverordnung (SchALVO) die Landwirtinnen und Landwirte, in Wasserschutzgebieten die Flächen grundwasserschonend zu bewirtschaften. Die Landesregierung leistet entsprechende Ausgleichszahlungen für die daraus resultierenden wirtschaftlichen Nachteile.

Pflanzenschutzmittel (PSM)

Pflanzenschutzmittel (PSM) haben gemäß ihrem Anwendungszweck toxische Wirkung. Sie dürfen gemäß Pflanzenschutzgesetz (Gesetz zum Schutz der Kulturpflanzen) nur auf Freilandflächen angewendet werden, die landwirtschaftlich, gärtnerisch oder forstwirtschaftlich genutzt werden. Die Zulassung von PSM erfolgt durch das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL). Pflanzenschutzmittel werden in der Umwelt abgebaut und umgewandelt, sodass aus den ausgebrachten Wirkstoffen Metabolite entstehen. Bei der Bewertung werden relevante Metabolite (rM) und nicht relevante Metabolite (nrM) unterschieden. Relevante Metabolite haben eine definierte pestizide (Rest-) Aktivität und/oder ein pflanzenschutzrechtlich relevantes humantoxisches oder ökotoxisches Wirkungspotenzial.

Rückfragen

Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an die Pressestelle der LUBW. Telefon: +49(0)721/5600-1387 E-Mail: pressestelle@lubw.bwl.de