FFH-Lebensraumtyp 3260 - Fließgewässer mit flutender Wasservegetation

LRT 3260 Fließgewässer mit flutender Wasservegetation im NSG Wagrain-Stegbühl

Unter diesem Lebensraumtyp sind natürliche und naturnahe Fließgewässer von der Ebene bis ins Bergland mit flutender Wasserpflanzenvegetation zusammengefasst. Mit der jeweiligen Fließgewässerregion wechseln sich die jeweiligen Standortbedingungen ab.

Biotoptypen Baden-Württembergs

Folgende Biotoptypen für die freie Landschaft, den besiedelten Bereich oder die Wälder, mit ihren Schlüsselnummern sind dem FFH-Lebensraumtyp 3260 zugeordnet:
  • 12.11 - Naturnaher Abschnitt eines Mittelgebirgsbachs (ab einer Mindestlänge von 20 m)
  • 12.12 - Naturnaher Abschnitt eines Flachlandbachs (ab einer Mindestlänge von 20 m)
  • 12.21 - Mäßig ausgebauter Bachabschnitt
  • 12.30 - Naturnaher Flussabschnitt (ab einer Mindestlänge von 20 m)
  • 12.41 - Mäßig ausgebauter Flussabschnitt
  • 34.11 - Tauch- oder Schwimmblattvegetation der Fließgewässer (an nach § 32 geschützten Gewässern)

Eine ausführliche Beschreibung aller Biotoptypen ist enthalten im
Datenschlüssel Baden-Württemberg: "Arten, Biotope, Landschaft - Schlüssel zum Erfassen, Beschreiben, Bewerten".

 

Kennzeichnende Pflanzengesellschaften
  • Wasserpflanzengesellschaften: Verbände Ranunculion fluitantis und Callitricho-Batrachion einschließlich Wassermoose
Kennzeichnende Pflanzenarten
  • Flutender Wasserhahnenfuß (Ranunculus fluitans)
  • Schild-Wasserhahnenfuß (Ranunculus peltatus)
  • Tausendblatt-Arten (Myriophyllum spp.)
  • Wasserstern-Arten (Callitriche spp.)
  • Aufrechter Merk (Berula erecta)
  • Gemeines Bachoder Brunnenmoos (Fontinalis antipyretica)

Naturnahe Wasserpflanzengesellschaften fließender Gewässer sind als Lebensraum für Wasserorganismen und für die Selbstreinigungskraft der Gewässer von hoher Bedeutung. Die hohe naturschutzfachliche Bedeutung zeigt sich darin, dass dieser Gewässertyp Lebensraum für gefährdete Fisch- und Libellenarten darstellt, die im Anhang der FFH-Richtlinie als besonders schützenswert aufgeführt sind. Für die Oberläufe der Fließgewässer sind z.B. Fischarten wie Groppe (Cottus gobio) und Bachneunauge (Lampetra planeri) typisch. Charakteristische Fließgewässer-Libellen sind beispielsweise die Helm-Azurjungfer (Coenagrion mercuriale) und die Grüne Keiljungfer (Ophiogomphus cecilia). Fließgewässer mit flutender Wasservegetation sind nach Landesnaturschutzgesetz (NatSchG) bzw. Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG) geschützt.

Gesamtverbreitung

Fließgewässer mit flutender Wasservegetation sind in allen biogeographischen Regionen der EU außer der alpinen Region Spaniens und Polens verbreitet.
Fließgewässer mit flutender Wasservegetation sind in Deutschland vom Flachland bis in die Gebirgsausläufer zu finden. Die Hauptverbreitung der Bestände befindet sich im Unterlauf der Gebirgsflüsse.

Verbreitung in Baden-Württemberg

Dieser Lebensraumtyp (vor allem Fließgewässer mit Gesellschaften der Wasserhahnenfußarten) tritt in vielen naturnahen Gewässern des Landes auf. Verbreitungsschwerpunkte sind in den Naturräumen Schwarzwald, Schwäbisch Fränkischer Wald, Alpenvorland, Albvorland, Schönbuch und Glemswald, Stromberg und Odenwald sowie in Teilbereichen an Donau, Argen, Wutach, Murg, Neckar, Rems, Enz, Nagold, Kocher, Jagst und Tauber vorhanden.
  • 2018 gemeldete LRT-Gesamtfläche: 2.500 ha
  • ein Großteil der Bestände des LRT liegt in FFH-Gebieten

Bestandsentwicklung in Baden-Württemberg

Der LRT 3260 kommt landesweit vor. Aufgrund einer verbesserten Datenlage haben sich die gemeldeten Flächenwerte stark erhöht. In seiner Fläche und Verbreitung ist der LRT stabil. Die Qualität seiner Ausprägung ist auf Grund von Verbauung, Eutrophierung und Vorkommen von Neophyten jedoch beeinträchtigt. Die Wasserrahmenrichtlinie, Renaturierungsmaßnahmen von Gewässern und der Rückbau von Verbauungen, sind hingegen positive Treiber für bessere Zukunftsaussichten.

Rote Liste Biotoptypen Schutzstatus FFH-Richtlinie
Baden-Württemberg Baden-Württemberg Anhang
  • Biotoptyp 12.11: gefährdet
  • Biotoptyp 12.12: stark gefährdet
  • Biotoptyp 12.21: nicht gefährdet
  • Biotoptyp 12.30: stark gefährdet
  • Biotoptyp 12.41: nicht gefährdet
  • Biotoptyp 34.11: gefährdet
  • gesetzlich geschützte Biotope nach NatSchG bzw. BNatSchG
I

Stand 2019

Gefährdungsursachen

  • Veränderung der natürlichen Gewässerstruktur (z.B. Begradigung, Uferbefestigungen, Querverbaue, Sohlveränderungen, Verrohrung, Buhnenbau)
  • Aussetzen nicht lebensraumtypischer Tierarten, Einbringen nicht lebensraumtypischer Pflanzenarten
  • Gewässerunterhaltung, die über eine abschnittsweise Räumung der Vegetation hinausgehen
  • Massive Wasserentnahmen (z.B. zur Stromgewinnung, zu Kühlzwecken oder auch zur Speisung von Fischteichen)
  • Nährstoff-, Pflanzenschutzmittel-, Schadstoffeintrag
  • Intensive Freizeitaktivitäten (Kanusport, Bootsverkehr)
  • Beseitigung, starke Beeinträchtigung der Ufervegetation
Schutzmaßnahmen
  • Förderung der Fließgewässerdynamik (z.B. Rückbau von Uferbefestigungen, Sohlabstürzen, Verrohrungen), Erhalt von Totholz im Gewässer; Zulassen von Hochwasserdynamik, Erhaltung u. Rückgewinnung von Retentionsflächen
  • Reduktion der Einleitung von belastetem oder thermisch verändertem Wasser
  • Reduktion von Wasserentnahmen
  • Einrichtung von Pufferzonen zur Verhinderung von Nähr- und Schadstoffeinträgen
  • Reduktion der Freizeitaktivitäten durch Besucherlenkung (z.B. Sperrung best. Fließgewässerabschnitte für Kanusport zur Brutzeit gefährdeter Vogelarten oder zum Schutz bes. üppiger und typischer Submersvegetation)
  • Im Umfeld: Förderung auentypischer Vegetation und Nutzungen (Röhricht, Gehölzsaum, Grünland)
Schutzprojekte
  • Umsetzung der FFH-Richtlinie
  • Biosphärengebiet Schwäbische Alb

FFH-Erhaltungszustand

Die FFH-Richtlinie ist eine Naturschutz-Richtlinie der EU, deren Name sich von Fauna (= Tiere), Flora (= Pflanzen) und Habitat (= Lebensraum) ableitet. Wesentliches Ziel ist die Erhaltung der biologischen Vielfalt durch den Aufbau eines Schutzgebietssystems für die Lebensraumtypen des Anhangs I und Arten des Anhangs II der Richtlinie. Außerdem werden die Erhaltungszustände der Lebensraumtypen und Arten (Anhang II, IV, V) überwacht.

FFH-Gebiete

Linksymbol zum Daten- und Kartendienst der LUBW

Karten und Steckbriefe (mit Angabe der Flächengröße, den vorkommenden LRT und Arten etc.) zu den FFH-Gebieten erhalten Sie im Daten- und Kartendienst der LUBW.

 

Erhaltungszustand des Lebensraumtyps in Baden-Württemberg

  Verbreitungs­gebiet Fläche Strukturen und Funktionen Zukunfts­aussichten
Einzelbewertung günstig günstig ungünstig-unzureichend ungünstig-unzureichend
Gesamtbewertung ungünstig-unzureichend

Stand 2018

Weitere Informationen zu den Erhaltungszuständen der FFH-Lebensraumtypen erhalten Sie auf den Natura 2000-Internetseiten der LUBW.

Erhaltungszustand aller FFH-Lebensraumtypen in Baden-Württemberg (pdf; 0,3 MB)

Beeinträchtigung von FFH-Gebieten Naturschutz-Praxis, Natura 2000: Beeinträchtigungen, Erhaltungs- und Entwicklungsmaßnahmen
von Lebensraumtypen und Lebensstätten von Arten zur Umsetzung der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie in Baden-Württemberg - 1. Auflage 2002)

Steckbrief des Lebensraumtyps 3260 als PDF: PDF