FFH-Lebensraumtyp 9160 - Sternmieren-Eichen-Hainbuchenwälder

LRT 9160 Hainbuchen-Stieleichenwald bei Freiburg

In diesem Lebensraumtyp sind subatlantisch geprägte Eichen-Hainbuchenwälder zusammengefasst. Sie kommen primär auf wechselfeuchten oder durch Stau- oder Grundwasser zeitweilig vernässten Standorten vor, sekundär auf Buchenstandorten in Folge der historischen Nutzung. Sternmieren-Eichen-Hainbuchenwälder beeindrucken zeitig im Jahr durch die Blütenpracht ihrer Frühjahrsblüher. 

Biotoptypen Baden-Württembergs

Folgende Biotoptypen für die freie Landschaft, den besiedelten Bereich oder die Wälder, mit ihren Schlüsselnummern sind dem FFH-Lebensraumtyp 9610 zugeordnet:

  • Schlüsselzahl Waldbiotopkartierung (LUBW-Schlüssel) 
  • 00 (56.12) - Hainbuchen- Stieleichen-Wald
  • 01 (52.23) - Waldziest- Hainbuchen- Stieleichen-Wald

Eine ausführliche Beschreibung aller Biotoptypen ist enthalten im
Datenschlüssel Baden-Württemberg: "Arten, Biotope, Landschaft - Schlüssel zum Erfassen, Beschreiben, Bewerten".

 

Kennzeichnende Pflanzengesellschaften

  • Stellario holosteae-Carpinetum betuli

Kennzeichnende Pflanzenarten

  • Hainbuche (Carpinus betulus)
  • Stieleiche (Quercus robur)
  • Feld-Ahorn (Acer campestre)
  • Hasel (Corylus avellana)
  • Große Sternmiere (Stellaria holostea)
  • Wald-Segge (Carex sylvatica)
  • Zittergras-Segge, „Seegras" (Carex brizoides)
  • Kleine Goldnessel (Lamium galeobdolon)
  • Wald-Ziest (Stachys sylvatica)
  • Wald-Knäuelgras (Dactylis polygama)
  • Erdbeer-Fingerkraut (Potentilla sterilis)

Auf grundwassernahen Standorten stellen Sternmieren-Eichen-Hainbuchenwälder sehr naturnahe Lebensräume dar, die vielen bedrohten Tierarten einen Lebensraum bieten. So ist der Heldbock (Cerambyx cerdo) auf das Vorhandensein alter Eichen angewiesen. Auch der Hirschkäfer (Lucanus cervus) findet in Sternmieren-Eichen-Hainbuchenwäldern günstige Lebensbedingungen. Beide Käfer sind in der FFH-Richtlinie als besonders schützenswert aufgeführt.

Oft verdanken die heutigen Sternmieren-Eichen-Hainbuchenwälder ihre Entstehung der jahrhundertelangen Bewirtschaftung als Mittelwälder, in der man die Eichen als Bauholz alt werden ließ und die anderen Baumarten alle 15 bis 40 Jahre als Brennholz nutzte. Sternmieren-Eichen-Hainbuchenwälder sind teilweise nach Landesnaturschutzgesetz (NatSchG) bzw. Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG) oder § 30a Landeswaldgesetz geschützt.

Gesamtverbreitung

Das Hauptverbreitungsgebiet der Sternmieren-Eichen-Hainbuchenwälder in der EU sind die Mitgliedsstaaten Nord- und Mitteleuropas.

Der Lebensraumtyp 9160 ist in ganz Deutschland verbreitet, insbesondere in den Schwemmlandebenen der Mittelgebirge und der Niederungen.

Verbreitung in Baden-Württemberg

Die Verbreitungsschwerpunkte der Sternmieren-Eichen-Hainbuchenwälder sind in Baden-Württemberg im Oberrheinischen-Tiefland und auf den Neckar-Tauber-Gäuplatten. Sie fehlen in den Kernbereichen der Schwarzwaldes und im Hochrheingebiet

  • 2018 gemeldete LRT-Gesamtfläche: 3.349,7 ha
  • der überwiegende Teil der Bestände des LRT liegt in FFH-Gebieten

Bestandsentwicklung in Baden-Württemberg

Zwischen 2012 und 2018 waren die Fläche und das Verbreitungsgebiet der Sternmieren-Eichen-Hainbuchenwälder stabil. Die Qualität des LRT wird auf Grund von Beeinträchtigungen durch Wildverbiss bzw. Entwässerung von grundwassernahen Standorten als ungünstig angesehen. Die Zukunftsaussichten des Lebensraumtyps in Baden-Württemberg sind u.a. wegen der ungelösten Verbissproblematik, sowie der fehlenden Naturverjüngung und dem sich weiter ausbreitenden Eschentriebsterben als ungünstig einzustufen.

Rote Liste Biotoptypen Schutzstatus FFH-Richtlinie
Baden-Württemberg Baden-Württemberg Anhang
  • Biotoptyp 00 (56.12) : Vorwarnliste
  • Biotoptyp 01 (52.23) : gefährdet
  • § 30a Landeswaldgesetz 
  • gesetzlich geschützte Biotope nach NatSchG bzw. BNatSchG
I

Stand 2019

Gefährdungsursachen

  • Verbissbelastung
  • Nur auf nassen Standorten: Entwässerungen des Standortes
  • Neophyten
  • natürliche Sukzession
  • zukünftige Gefährdungen: Eschentriebsterben

Schutzmaßnahmen

  • Exemplarisch: Aufrechterhaltung / Wiedereinführung traditioneller Nutzungsformen (Mittelwaldwirtschaft)
  • Förderung lebensraumtypischer Gehölze (z.B. Hasel (Corylus avellana), Pfaffenhütchen (Euonymus europaeus), Stieleiche (Quercus robur), Vogelkirsche (Prunus avium) und Hainbuche (Carpinus betulus))
  • Förderung von liegendem und stehendem Totholz
  • Entwicklung mosaikartig verteilter unterschiedlicher Altersstadien
  • Naturnahe Gestaltung bestehender Waldaußen-und Waldinnenrände

Schutzprojekte

  • Umsetzung der FFH-Richtlinie
  • Waldentwicklungstypen-Richtlinie
  • Umsetzung des Alt- und Totholz-Konzepts

FFH-Erhaltungszustand

Die FFH-Richtlinie ist eine Naturschutz-Richtlinie der EU, deren Name sich von Fauna (= Tiere), Flora (= Pflanzen) und Habitat (= Lebensraum) ableitet. Wesentliches Ziel ist die Erhaltung der biologischen Vielfalt durch den Aufbau eines Schutzgebietssystems für die Lebensraumtypen des Anhangs I und Arten des Anhangs II der Richtlinie. Außerdem werden die Erhaltungszustände der Lebensraumtypen und Arten (Anhang II, IV, V) überwacht.

FFH-Gebiete

Linksymbol zum Daten- und Kartendienst der LUBW

Karten und Steckbriefe (mit Angabe der Flächengröße, den vorkommenden LRT und Arten etc.) zu den FFH-Gebieten erhalten Sie im Daten- und Kartendienst der LUBW.


Erhaltungszustand des Lebensraumtyps in Baden-Württemberg

  Verbreitungs­gebiet Fläche Strukturen und Funktionen Zukunfts­aussichten
Einzelbewertung günstig günstig ungünstig-unzureichend ungünstig-unzureichend
Gesamtbewertung ungünstig-unzureichend

Stand 2018

Weitere Informationen zu den Erhaltungszuständen der FFH-Lebensraumtypen erhalten Sie auf den Natura 2000-Internetseiten der LUBW.

Erhaltungszustand aller FFH-Lebensraumtypen in Baden-Württemberg (pdf; 0,3 MB)

Beeinträchtigung von FFH-Gebieten Naturschutz-Praxis, Natura 2000: Beeinträchtigungen, Erhaltungs- und Entwicklungsmaßnahmen von Lebensraumtypen und Lebensstätten von Arten zur Umsetzung der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie in Baden-Württemberg - 1. Auflage 2002)

Steckbrief des Lebensraumtyps 9160 als PDF: PDF