FFH-Lebensraumtyp 9410 - Bodensaure Nadelwälder
Dieser Lebensraumtyp umfasst natürliche bzw. naturnahe Fichtenwälder im natürlichen Verbreitungsgebiet von Fichte und Tanne (z.B. in den Hochlagen des Schwarzwaldes) auf nährstoffarmen, silikatischen Standorten, die durch ein kühlfeuchtes Klima und eine schwer zersetzbare, saure Bodenauflage gekennzeichnet sind. Dieser Waldtyp grenzt in einigen Bereichen auch an Fichten-Moorwälder an. Charakteristisch für die bodensauren Fichtenwälder sind Zwergsträucher und der Reichtum an Moosen.
Biotoptypen Baden-Württembergs
Folgende Biotoptypen für die freie Landschaft, den besiedelten Bereich oder die Wälder, mit ihren Schlüsselnummern sind dem FFH-Lebensraumtyp 9410 zugeordnet:
- Schlüsselzahl Waldbiotopkartierung (LUBW-Schlüssel)
- 20 (57.20) - Geißelmoos- Fichten-Wald z.T. mit Kiefer
- 22 (57.35) - Hainsimsen- Fichten- Tannen- Wald
- 24 (57.32) - Beerstrauch- Tannen- Wald
- 25 (57.33) - Beerstrauch- Tannen- Wald mit Kiefer
- 55 (54.40) - Fichten-Blockwald
Eine ausführliche Beschreibung aller Biotoptypen ist enthalten im
Datenschlüssel Baden-Württemberg: "Arten, Biotope, Landschaft - Schlüssel zum Erfassen, Beschreiben, Bewerten".
Kennzeichnende Pflanzengesellschaften
- Bazzanio-Piceetum (nicht dazu gehören die Teile des Bazzanio-Piceetum, die besonders reich an Hochmoor-Arten sind und zu den Moorwäldern [91D0] gestellt werden); Luzulo-Abietetum; Vaccinio-Abietetum; Asplenio-Piceetum
Kennzeichnende Pflanzenarten
- Fichte (Picea abies)
- Weiß-Tanne (Abies alba)
- Eberesche (Sorbus aucuparia)
- Heidelbeere (Vaccinium myrtillus)
- Preiselbeere (Vaccinium vitis-idaea)
- Wald-Wachtelweizen (Melampyrum sylvaticum)
- Grüner Alpenlattich (Homogyne alpina)
- Grauer Alpendost (Adenostyles alliariae)
- Herz-Zweiblatt (Listera cordata)
- Sprossender Bärlapp (Lycopodium annotinum)
- Peitschenmoos (Bazzania trilobata)
- weitere Moose
Natürliche oder naturnahe bodensaure Fichtenwälder wachsen als Dauergesellschaft auf Sonderstandorten wie beispielsweise Kaltluftsenken, Karen oder Moorrändern in der Kampfzone zwischen Wald und Moor oder Fels, wo die Fichte natürlicherweise vorkommt. Bodensaure Nadelwälder sind nach § 30a Landeswaldgesetz geschützt.
Gesamtverbreitung
Das Verbreitungsgebiet der bodensauren Nadelwälder beschränkt sich in der Europäischen Union auf die kontinentale und alpine Region Mittel- und Südosteuropas sowie auf die mediterrane Region Griechenlands.
Bodensaure Nadelwälder sind in Deutschland vor allem in den Alpen, in den höheren Lagen der Mittelgebirge insbesondere im Bayerischen Wald, Harz und Hochschwarzwald verbreitet.
Verbreitung in Baden-Württemberg
- 2018 gemeldete LRT-Gesamtfläche: 2.058,6 ha
- weniger als die Hälfte der Bestände des LRT liegt in FFH-Gebieten
Bestandsentwicklung in Baden-Württemberg
Das Verbreitungsgebiet der Bodensauren Nadelwälder hat sich in den letzten Jahren nicht verändert, während die Fläche zwischen 2007 und 2012 u.a. wegen der waldbaulichen Förderung der Tanne um rund 33% zugenommen hat. Die Zukunftsaussichten des LRT in Baden-Württemberg sind gut.
Rote Liste Biotoptypen | Schutzstatus | FFH-Richtlinie |
Baden-Württemberg | Baden-Württemberg | Anhang |
|
| I |
Stand 2019
Gefährdungsursachen
- Verbissbelastung
- Veränderung der Artenzusammensetzung durch natürliche Sukzession
- Bodenschutzkalkung natürlich saurer Standorte, soweit hierdurch die pH-Werte über den standorttypischen Bereich angehoben werden
- Reduktion des Anteils an lebensraumtypfremden Gehölzen
- Förderung lebensraumtypischer Gehölze
- Entwicklung eines Dauerwaldes
- Förderung von liegendem und stehendem Totholz
- Naturnahe Gestaltung bestehender Waldaußen-und Waldinnenränder
- Umsetzung der FFH-Richtlinie
- Waldentwicklungstypen-Richtlinie
- Umsetzung des Alt- und Totholz-Konzepts
FFH-Erhaltungszustand
Die FFH-Richtlinie ist eine Naturschutz-Richtlinie der EU, deren Name sich von Fauna (= Tiere), Flora (= Pflanzen) und Habitat (= Lebensraum) ableitet. Wesentliches Ziel ist die Erhaltung der biologischen Vielfalt durch den Aufbau eines Schutzgebietssystems für die Lebensraumtypen des Anhangs I und Arten des Anhangs II der Richtlinie. Außerdem werden die Erhaltungszustände der Lebensraumtypen und Arten (Anhang II, IV, V) überwacht.
FFH-Gebiete
Karten und Steckbriefe (mit Angabe der Flächengröße, den vorkommenden LRT und Arten etc.) zu den FFH-Gebieten erhalten Sie im Daten- und Kartendienst der LUBW.
Erhaltungszustand des Lebensraumtyps in Baden-Württemberg
Verbreitungsgebiet | Fläche | Strukturen und Funktionen | Zukunftsaussichten | |
Einzelbewertung | günstig | günstig | günstig | günstig |
Gesamtbewertung | günstig |
Stand 2018
Weitere Informationen zu den Erhaltungszuständen der FFH-Lebensraumtypen erhalten Sie auf den Natura 2000-Internetseiten der LUBW.
Erhaltungszustand aller FFH-Lebensraumtypen in Baden-Württemberg (pdf; 0,3 MB)
Beeinträchtigung von FFH-Gebieten Naturschutz-Praxis, Natura 2000: Beeinträchtigungen, Erhaltungs- und Entwicklungsmaßnahmen
von Lebensraumtypen und Lebensstätten von Arten zur Umsetzung der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie in Baden-Württemberg - 1. Auflage 2002)