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null Braunes Langohr auf dem Rückzug

Eine von 111 Arten, die unsere Hilfe benötigt

15.09.2008
Riesenohren hat es, das Braune Langohr und es ist eine unserer heimischen Fledermausarten. Seine Ohren werden bis zu 4 cm lang, was bei einer Körpergröße von nur 4-5 cm recht eindrucksvoll ist. Und mit ihnen kann es hervorragend hören. Leiseste Echos der Ultraschallrufe zur Orientierung und die Krabbelgeräusche der Beute werden wahrgenommen. Das Langohr zeigt sein Charakteristikum jedoch nur dann, wenn es auch gebraucht wird - im Flug und kurz vor dem Start. Ansonsten werden die Ohren sorgsam zusammengefaltet und nach hinten geklappt. 

Leibspeise des Langohrs sind Mücken, Fliegen und vor allem Nachtschmetterlinge. Diese werden gerne an einem Lieblingsplatz fledermaustypisch mit dem Kopf nach unten hängend verzehrt – die zuvor abgebissenen Flügel, Beine und Köpfe sammeln sich gut erkennbar am Boden. Die Vorliebe für Nachtschmetterlinge macht diese Fledermaus übrigens auch bei Obstbauern und Förstern beliebt: Auf natürliche Weise wird der übermäßigen Verbreitung der teils schädlichen Raupen entgegengewirkt. 

„Die Bestände des Braunen Langohrs sind zwar noch relativ stabil, dies könnte sich aber sehr bald ändern“, befürchtet Margareta Barth, Präsidentin der LUBW Landesanstalt für Umwelt, Messungen und Naturschutz Baden-Württemberg. „Seine bevorzugten Jagdgründe werden in unserer intensiv genutzten Landschaft zunehmend seltener. Durch den Einsatz von Insektiziden auf Feldern und durch den Verlust von alten Bäumen oder Höhlen als Quartiere geht es den Langohren zusätzlich an den Kragen“, erläutert sie heute (15.09.2008) in Karlsruhe. 

Umso wichtiger ist es deshalb, die noch vorhandenen Lebensräume des Langohrs zu schützen und zu erhalten – und diese sind immer häufiger in Ortschaften und sogar Städten zu finden! Parkanlagen, Friedhöfe und Gärten bieten der Art Jagdmöglichkeiten. Fensterläden, Dachböden und Ritzen in Wandverschalungen sind mögliche Quartiere. Doch auch hier sind sie nicht sicher. Die in oder an Gebäuden lebenden Fledermäuse sind durch Sanierungsmaßnahmen oder die Verwendung von Holzschutzmitteln in Dachstühlen in höchstem Maße bedroht. 

Bei einer Fledermauskartierung von 1986 bis 1992 wurden für das Braune Langohr in Baden-Württemberg 23 Wochenstuben – das sind Quartiere in denen eine Gruppe von Weibchen ihre Jungen zur Welt bringt – gemeldet. Insgesamt 616 Tiere konnten bei dieser Erhebung gezählt werden. Verbreitungsschwerpunkte in Baden-Württemberg sind dabei kaum auszumachen. Die Art kommt, wenn auch selten, in nahezu allen Regionen und Höhenlagen von Baden-Württemberg vor. 

Zu einer Stabilisierung der Langohr-Populationen tragen Bemühungen zum Schutz einer abwechslungsreichen Landschaft, insbesondere an den Siedlungsrändern bei. Besonders wichtig ist das Schaffen und Erhalten von Baumhöhlen, z.B. in Streuobstwiesen. Aber auch die städtischen Sommerquartiere der Fledermäuse wie unausgebaute Dachböden sollten von außen für die Tiere zugänglich bleiben. Fensterläden geben Häusern nicht nur ein Gesicht, sondern sind als Tagesquartiere für die Langohren nutzbar. Fledermauskästen leisten einen weiteren Beitrag zum Erhalt der Art. Ebenfalls nicht vergessen darf man die Winterquartiere der Langohren. Überwinternde Fledermäuse in Kellern sollten deshalb auf keinen Fall gestört werden! 

Um das private Engagement im Artenschutz zu stärken, wurden insgesamt 111 Arten, die besonders auf unsere Hilfe angewiesen sind, von der LUBW gemeinsam mit dem Ministerium für Ernährung und Ländlichen Raum für den „Aktionsplan Biologische Vielfalt“ der Landesregierung ausgewählt. Darunter befinden sich neben einigen Fledermausarten auch andere Säugetiere wie der Gartenschläfer oder die Wildkatze, außerdem viele selten gewordene Amphibien und Reptilien wie Laubfrosch und Kreuzotter, Insekten wie der Hirschkäfer oder der Alexis-Bläuling, sowie viele Fische, Vögel und Pflanzen. 

Mit verschiedenen Partnern aus unterschiedlichen gesellschaftlichen Bereichen sollen Aktionen und Projekte für diese Arten durchgeführt werden. Jeder kann mitmachen, egal ob als Bürger, Verein, Kirche, Schule, Verband oder Unternehmen. Informationen zu allen 111 Arten des Aktionsplans sind im Internet unter www.aktionsplan-biologische-vielfalt.de zu finden. 

Zur Unterstützung des Fledermausschutzes hat die LUBW vor Kurzem eine überarbeitete Neuauflage des Arbeitsblattes „Fledermäuse - faszinierende Flugakrobaten“ herausgegeben. Es beschreibt die Lebensweise der Fledermäuse und erläutert Möglichkeiten zu einer langfristigen Sicherung der einheimischen Fledermausbestände. Darüber hinaus werden konkrete Hinweise gegeben, wie man im eigenen Wohnbereich zum Schutz dieser selten gewordenen Säugetiere beitragen kann. Die Broschüre enthält auch eine aktuelle Einschätzung ihrer Gefährdungssituation in Form der Roten Liste der Fledermäuse Baden-Württembergs. 
Das Arbeitsblatt ist bei der Verlagsauslieferung der LUBW bei der JVA Mannheim, Herzogenriedstraße 111, 68169 Mannheim, E-Mail: bibliothek@lubw.bwl.de zu beziehen. 

Zusatzinformation zum Braunen Langohr: 
Der wissenschaftliche Name des Braunen Langohr lautet Plecotus auritus. Weitere Informationen zu der Fledermausart finden Sie im Artensteckbrief des „Aktionsplans Biologische Vielfalt“. 

Zusatzinformation zum Aktionsplan Biologische Vielfalt, insbesondere 111-Arten-Korb als Schwerpunktprojekt: 
Die Landesregierung hat am 17. März 2008 den Aktionsplan Biologische Vielfalt verabschiedet, der die bisherigen Anstrengungen zum Erhalt der biologischen Vielfalt in Baden-Württemberg unterstützt. Umfangreiche Anstrengungen des Naturschutzes haben – trotz vieler Teilerfolge – bislang nicht verhindern können, dass auch heute noch über ein Drittel unserer heimischen Tier- und Pflanzenarten als gefährdet gelten müssen. Der aus vier Bausteinen aufgebaute Aktionsplan hat zwei Hauptziele. Zum einen sollen die Lebensbedingungen für unsere heimischen Tier- und Pflanzenarten vor Ort tatkräftig und nachhaltig verbessert werden, zum anderen soll das Bewusstsein für den Wert der biologischen Vielfalt stärker in der öffentlichen Meinung verankert werden. Die gesamte Bevölkerung wird aufgerufen, sich beim Erhalt der biologischen Vielfalt einzubringen. Der zentrale Baustein für die Öffentlichkeitsarbeit ist deshalb der „111-Arten-Korb“. Gemeinsam mit den Naturschutzverbänden und Experten wurden 111 Tier- und Pflanzenarten ausgewählt, die unsere Unterstützung benötigen und für die Baden-Württemberg eine besondere Verantwortung trägt. Sie stehen sozusagen als Vertreter („Gesichter“) für zahlreiche weitere gefährdete Arten und ihre Lebensräume. Es sind bunte, auffällige Arten darunter wie der blauschillernde Eisvogel und farbenprächtige Orchideen, aber auch Arten, deren Schönheit sich erst auf den zweiten Blick offenbart. Für diese 111 Arten werden engagierte Projektpartner aus den unterschiedlichsten gesellschaftlichen Bereichen gesucht, um mit zahlreichen Aktionen die Lebensbedingungen dieser Arten vor Ort nachhaltig zu verbessern. Gleichzeitig wird die Bevölkerung mit begleitender Öffentlichkeits- und Pressearbeit für dieses wichtige Thema sensibilisiert. Möglichst viele Gruppen der Bevölkerung sollen zum Mitmachen gewonnen werden. Nur wenn die Bürger den Wert unserer heimischen Artenvielfalt persönlich erfahren haben, werden sie diese Vielfalt auch zu schätzen wissen und sich für deren Erhalt einsetzen. Engagement ist hier in vielerlei Hinsicht denkbar. Hierzu existiert deshalb auch kein starrer Maßnahmenkatalog, sondern die Aktionen und Projekte werden individuell entwickelt. Weitere Informationen zum Aktionsplan Biologische Vielfalt sind unter www.aktionsplan-biologische-vielfalt.de abrufbar.
Rückfragen
Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an die Pressestelle der LUBW. Telefon: +49(0)721/5600-1387 E-Mail: pressestelle@lubw.bwl.de