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null EU schießt über das Ziel hinaus - Regelung bei prioritären Stoffen wenig praxistauglich

Einwandfreie Wasserqualität am Bodensee

02.05.2012
Umweltminister Franz Untersteller und LUBW-Präsidentin Margareta Barth: „Baden-Württemberg arbeitet seit vielen Jahren kontinuierlich und erfolgreich an der Verbesserung der Qualität seiner Gewässer. Was die EU jetzt an Grenzwerten festlegen will, ist aber zum Teil analytisch nicht mehr nachweisbar“ 

Grundsätzlich sei gegen strenge Grenzwerte für gefährliche Stoffe, die in unseren Gewässern am besten gar nicht vorhanden sein sollten, nichts zu sagen, erklärten Umweltminister Franz Untersteller und die Präsidentin der Landesanstalt für Umwelt, Messungen und Naturschutz Baden-Württemberg (LUBW), Margareta Barth, heute (2. Mai 2012) bei einem Besuch im Institut für Seenforschung der LUBW (ISF) in Langenargen am Bodensee. 

„Bei dem Vorschlag zur Änderung der Richtlinie in Bezug auf prioritäre Stoffe im Bereich der Wasserpolitik, der jetzt auf dem Tisch liegt, geht die EU jedoch zu weit", betonte Minister Untersteller. „Die vorgeschlagenen Grenzwerte für einige Stoffe seien so niedrig, dass sie analytisch im Gewässer nicht nachgewiesen und somit nicht überwacht werden könnten“, ergänzte LUBW-Präsidentin Barth, und andere Stoffe seien so weit verbreitet, dass die Umweltqualitätsnormen selbst in naturnahen Gebieten überschritten würden. 

Für den Bodensee, das größte Trinkwasserreservoir Baden-Württembergs hätte das zur Folge, dass seine Gewässerqualität, die bisher zu Recht als einwandfrei bewertet werde, künftig als „nicht gut“ eingestuft und in Gewässergütekarten in rot dargestellt werden müsste. „Das Bodensee-Wasser im internationalen Vergleich auf eine Ebene mit Gewässern zu stellen, in die auch Industrien einleiten, wird den unterschiedlichen Gewässerqualitäten nicht gerecht", so Untersteller. 

Gerade am Bodensee habe Baden-Württemberg zusammen mit den Anrainerstaaten große Erfolge hinsichtlich der Elimination von Phosphor in kommunalen Kläranlagen erzielt. Bei der Beseitigung von organischen Spurenstoffen im Abwasser, zu denen auch prioritäre Stoffe zählten, habe Baden-Württemberg mit zahlreichen Pilotanlagen eine Vorreiterrolle übernommen. 

Im Bodenseeeinzugsgebiet wird in wenigen Wochen die zweite großtechnische Aktivkohleadsorptionsanlage zur Elimination von organischen Spurenstoffen aus dem Abwasser in Betrieb gehen. Damit können Medikamentenrückstände und hormonell wirksame Stoffe im Abwasser reduziert werden. Für einige weit verbreitete Schadstoffe wie PAK (polycyclische aromatische Kohlenwasserstoffe) oder Dioxine sind die Umweltqualitätsnormen aber mit wasserwirtschaftlichen Maßnahmen allein nicht erreichbar. 

Der aktuelle Vorschlag der EU erweitert die Zahl von bestimmten besonders gefährlichen Substanzen, den sogenannten prioritären Stoffen, von ursprünglich 33 auf 48. Erstmalig werden Arzneimittel (das Schmerzmittel Diclofenac) sowie Hormone (das natürliche Hormon Estradiol sowie das in der Antibabypille enthaltene Kontrazeptivum Ethinylestradiol) aufgenommen. Dabei werden auch Stoffe wie PBDE (polybromierte Diphenylether, ein Flammschutzmittel), PFOS (Perfluoroctansulfonsäure, zum Beispiel in Feuerlöschschaum) oder Heptachlor (Stoff zur Schädlingsbekämpfung) erfasst, die schon verboten, aber dennoch wegen der langjährigen Freisetzung überall in der Umwelt nachweisbar sind, weil sie nur äußerst langsam abgebaut werden.

Maßnahmen, gefährliche Stoffe zu begrenzen beziehungsweise deren Einleitung in Gewässer zu stoppen, seien durchaus erforderlich, betonten Minister Untersteller und Präsidentin Barth abschließend. Bei Industriechemikalien und Pestiziden seien Stoffverbote bisher eine sehr wirksame Maßnahme zur Verringerung der Gewässerbelastung gewesen. Mit dem Vorschlag, natürliche Substanzen und Arzneimittel aufzunehmen, werde allerdings ein neues Feld betreten, die Diskussion darüber müsse noch geführt werden.
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