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null Heimisches Gehölz: Grundvoraussetzung für artenreiche Lebensgemeinschaften
Katalog mit gebietseigenem Gehölz von LUBW erstellt
Baden-Württemberg/Karlsruhe. Kommunen und Straßenmeistereien sind gesetzlich angehalten, in der freien Natur nur noch gebietseigene Gehölze zu pflanzen. Das gilt auch für private Grundstücke außerhalb der Kommunen. Heimisches Gehölz schützt und ermöglicht artenreiche Lebensgemeinschaften. Die LUBW Landesanstalt für Umwelt Baden-Württemberg unterstützt bei der Auswahl von standortgerechtem Pflanzgut mit der nun veröffentlichten Publikation: „Gebietseigene Gehölze in Baden-Württemberg – Vorkommensgebiete, Erntebestände und Empfehlungen zu geeigneten Arten.“
Gesetzliche Grundlage legen den Rahmen
Der Schutz gebietseigener Gehölze wurde im März 2020 durch § 40 Abs. 1 Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG) verbessert. Nach Ablauf einer zehnjährigen Übergangsfrist darf in der freien Natur genehmigungsfrei nur noch sogenanntes gebietseigenes Pflanzgut ausgebracht werden. Eine Ausnahme gilt für den Anbau von Pflanzen in der Land- und Forstwirtschaft (§ 40 Abs. 1 S. 4 Nr. 1 BNatSchG). Gebietseigen bedeutet, dass die genetische Herkunft des Pflanzmaterials im selben Vorkommensgebiet der Pflanzung liegt.
Ziel: Schutz von Lebensgemeinschaften
„Eine gezielte Auswahl von standort- und naturraumtypischen Gehölzen wirkt der fachsprachlichen ‚Florenverfälschung‘ entgegen, also der unerwünschten Veränderung der Pflanzenwelt durch das Anpflanzen gebietsfremder Arten“, erläutert Dr. Ulrich Maurer, Präsident der LUBW. „Typische regionale Artengemeinschaften in Feldgehölzen, Gebüschen und Feldhecken werden mit dieser Maßnahme geschützt. So werden die Eigenarten unserer facettenreichen Landschaft, Lebensräume und Lebensgemeinschaften erhalten.“
LUBW-Broschüre listet Gehölz gebietsscharf auf
Die LUBW-Broschüre stellt prinzipiell geeignete Gehölzarten für Baden-Württemberg in Kurzporträts vor. Ergänzend sind für jede Gemeinde und Stadt die Baum- und Straucharten aufgelistet, die entsprechend des naturräumlichen Potenzials gepflanzt werden können.
Alle können mithelfen, heimische Arten zu stärken
„Für Gartenbesitzerinnen und -besitzer, die Verantwortung für heimische Arten übernehmen möchten, ist die Broschüre genauso ein wertvoller Wegweiser, wie für Baumschulen, die geeignete Gehölze für ihre Region anbieten möchten. Auch landwirtschaftliche oder forstliche Betriebe, die heimische Arten in ihren Feld- und Waldhecken stärken wollen, finden hier Hinweise für ihre Region“, ergänzt Maurer. Zudem unterstütze eine an die Boden- und Standortverhältnisse angepassten Artenauswahl den Pflanzerfolg.
Wurde eine Gehölzart nicht standortgerecht ausgewählt, zeigen sich die negativen Folgen rasch: Die Pflanzen wachsen schlecht an, kümmern, benötigen einen hohen Pflegeaufwand oder sterben ab. So ist es beispielsweise nicht sinnvoll, eine Gehölzart trockener basenreicher Böden wie die Elsbeere auf einem bodensauren, feuchten Standort zu pflanzen.
Wertholz- und Wildobstwiesen als Alternative zu Streuobstbestände
In zahlreichen Gemeinden können die pflegeintensiven Streuobstwiesen nicht mehr ausreichend gepflegt werden. Sie sind jedoch Kleinode der Artenvielfalt. Ihr Rückgang ist ein herber Verlust für die Biodiversität. Die Broschüre stellt Wertholz- und Wildobstwiesen als Alternativen vor.
Gebietsfremde Arten und ihre Folgen
Gebietsfremde Arten sind Pflanzen oder Tiere, die in einer bestimmten Gegend ursprünglich nicht vorkommen. Oder sie wurden vor weniger als 100 Jahren dort eingeführt. Ein Beispiel ist der Wollige Schneeball. Er wächst häufig auf trockenen Böden im Süden von Baden-Württemberg. Im Nordosten gibt es ihn aber nur selten, obwohl dort ähnliche Standorte vorkommen.
In der Vergangenheit haben falsche Pflanzungen ursprüngliche Gemeinschaften stark verändert. Ein Beispiel dafür ist die Spätblühenden Traubenkirsche, sie stammt ursprünglich aus Nordamerika. Sie hat das Ökosystem unserer Auen stark beeinflusst. Diese Pflanze ist so konkurrenzstark, dass sie gebietsansässige Pflanzen wie die heimische Traubenkirsche oder junge Eichen verdrängt. Das hatte Auswirkung auf die biologische Vielfalt, Leistungs- und Regenerationsfähigkeit der Auenlandschaft. Zahlreiche Insektenarten sind auf die heimische Traubenkirsche und Eichen angewiesen.
Die Zeit lässt sich nicht zurückdrehen, für die Zukunft ist gesorgt
Mit nicht standortgerechten Pflanzungen können die im Bundesnaturschutzgesetz des § 1 Abs. 1 festgelegten Schutzziele nicht erreicht werden: Erhalten der biologischen Vielfalt, Leistungs- und Funktionsfähigkeit inklusive der Regenerationsfähigkeit der Naturgüter sowie Vielfalt und Eigenart von Natur und Landschaft.
Im Verbund mit der neuen Gesetzeslage helfen die Zusammenstellungen der neuen LUBW-Broschüre, die Fehler der Vergangenheit nicht zu wiederholen. Alles in allem ist sie ein wichtiger Baustein für den Biodiversitätsschutz.
Hintergrundinformation
Vollständige Titelangabe
Breunig, T., J. Schach, K. Wiest & N. Schoof (2024): Gebietseigene Gehölze in Baden-Württemberg – Vorkommensgebiete, Erntebestände und Empfehlungen zu geeigneten Arten. – Naturschutz-Praxis Landschaftspflege 3, LUBW Landesanstalt für Umwelt Baden-Württemberg, Karlsruhe, 144 Seiten
Gehölz
Als Gehölze werden langlebige Arten und deren Individuen bezeichnet, deren Sprossachsen im Wachstum verholzen, das sind Bäume, Sträucher und Lianen. Gehölze stehen in der Landschaft einzeln oder bilden flächige Strukturen, die sich wiederum aus mehreren Individuen zusammensetzen.
Oft werden Biotope aus Bäumen und Sträuchern in der Feldflur ebenfalls als „Gehölz“ – in Abgrenzung zum Waldbegriff nach Landeswaldgesetz (LWaldG) – bezeichnet. Gebüsche, Hecken und Feldgehölze, aber auch einzelne Sträucher und Bäume sind für den Naturschutz im Allgemeinen von hoher Bedeutung. Sie erfüllen vielfach auch wichtige Funktionen für die Landwirtschaft (z. B. Witterungsschutz für Weidetiere).
Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an die Pressestelle der LUBW. Telefon: +49(0)721/5600-1387 E-Mail: pressestelle@lubw.bwl.de