Blog

 

Auswirkungen des Klimawandels auf die Entwicklung der Regenwurmpopulationen in den Wäldern Baden-Württembergs

Abbildung 1: Lumbricus badensis bei Dämmerung auf Waldboden wandernd. Bildnachweis: Otto Ehrmann


Regenwürmer haben wegen ihres hohen Biomasseanteils und ihrer Funktion eine herausragende Stellung innerhalb der Bodentiere. Durch die langjährige Erhebung der Regenwurmpopulationen auf Wald-Dauerbeobachtungsflächen der Medienübergreifenden Umweltbeobachtung (MUB) der LUBW werden auch klimatisch bedingte Populationsänderungen erfasst.

In vielen Waldböden Mitteleuropas sind Regenwürmer die Tiergruppe mit dem höchsten Biomasseanteil. Sie haben einen wesentlichen Einfluss auf den Abbau von organischer Substanz und den Aufbau des Bodengefüges. Die Aktivität der Regenwürmer ist wesentlich von der Bodenfeuchte und der Bodentemperatur abhängig. Durch den Klimawandel sind daher deutliche Auswirkungen auf die Aktivität und das Vorkommen zu erwarten.

Seit 2015 werden jährlich die Regenwurmpopulationen erhoben. Dieser umfangreiche Datensatz ist einmalig für Deutschland. Der negative Einfluss der ausgeprägten Trockenjahre 2015, 2018 und 2022 auf Regenwürmer kann damit ebenso wie die Dauer der Erholungsphasen gezeigt werden.

Die Regenwürmer werden jeweils im Frühling mittels Elektrofang und anschließender Handauslese gesammelt. Nur bei Vorkommen von tiefgrabenden Arten an bestimmten Standorten werden die Regenwürmer zusätzlich chemisch ausgetrieben. Bei den gesammelten Regenwürmern wird die Art und das Gewicht bestimmt.

Die Regenwurmpopulationen auf den MUB-Flächen in den Wäldern Baden-Württembergs haben in den trockenen Sommern 2015, 2018 und 2022 eine deutliche Veränderung erfahren:

  • An manchen der untersuchten Standorte wurden in den Jahren 2019–2021 im Vergleich zu früheren Jahren keine Regenwürmer gefunden.
  • Insgesamt nahmen die Anzahl der Individuen (Abundanz) , die Biomasse und die Artenzahl nach allen drei Trockenjahren jeweils ab, besonders deutlich war der Rückgang der Artenzahl nach dem Trockenjahr 2018.


 

Bild zeigt: Entwicklung der Gesamt-Anzahl der erfassten Regenwurmarten im Zeitraum 2015–2023. Dargestellt ist der Mittelwert aller Standorte im jeweiligen Jahr.

Die verschiedenen Arten und Lebensformen der Regenwürmer reagierten sehr unterschiedlich auf die Trockenjahre. Flachgrabende (endogäische) Regenwürmer zeigten keinen durch Trockenheit bedingten Rückgang. Größere Arten, die nahe an der Bodenoberfläche leben (epigäisch) und tiefgrabende (anezische) Arten hatten einen deutlichen Rückgang ihrer Population. Am stärksten betroffen waren die kleinen bodennahen Arten. Diese leben typischerweise in der Streuauflage und sind dadurch am meisten der Witterung ausgesetzt.

Die Populationen von größeren bodennahen (z. B. Dendrobaena attemsi) und tiefgrabenden Arten erholten sich nach einem feuchteren Jahr relativ schnell. Bei den kleinen bodennahen Arten erholten sich die Populationen bisher (2023) nicht. Eier dieser Arten wurden auch in ihren trockenheitsresistenteren Kokons geschädigt. Nach der Herbstfeuchte sind daher nur wenige Tiere geschlüpft.

Bild zeigt: Dendrobaena attemsi, ein 2–3 cm kleiner bodennaher Regenwurm. Bildnachweis: Otto Ehrmann

Auf zwei der Untersuchungsflächen wurden auch Arten, die eigentlich weiter südlich verbreitet sind, gefunden. Sie wurden zum ersten Mal 2020 (Lumbricus meliboeus; Belchen) bzw. 2021 (Aporrectodea nocturna; Freiburg) auf den jeweiligen Flächen erfasst.

Bild zeigt: In den Kokons sind die Eier der Regenwürmer normalerweise vor Austrocknung gut geschützt. Die Kokons der Regenwürmer sind von sehr unterschiedlicher Größe. Der Kokon rechts im Bild stammt vom Badischen Riesenregenwurm (Lumbricus badensis). Bildnachweis: Otto Ehrmann

Die durch den Klimawandel milderen Winter sind zwar günstig für Regenwürmer, doch hat die zunehmende Trockenheit im Sommer erhebliche nachteilige Auswirkungen auf die Populationen. Bisher sind zwei oder mehrere trockene Jahre in Folge nicht vorgekommen. Mehrere trockene Jahre in Folge würden durch den dadurch bedingten drastischen Rückgang der Fortpflanzung zu einer deutlich größeren Schädigung der Populationen führen. Diese Schädigung würde anschließend zu wesentlichen Veränderungen von Bodenhumus und Nährstoffkreisläufen führen.

Mehr zum Thema:

  • Mehr zur ökologischen Bedeutung der Regenwürmer und ihrer Lebensweise finden Sie im Blogbeitrag zum Tag des Regenwurms 2023. (Link: https://www.lubw.baden-wuerttemberg.de/blog/-/blogs/rege-wurmer-ein-beitrag-zum-tag-des-regenwurms)

Der Bericht „Regenwurmpopulationen an Waldstandorten Baden-Württembergs und ihre Veränderungen durch den Klimawandel“ ist in Vorbereitung.

Bildnachweis: TypoArt BS/shutterstock.com