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Chemikalien auf der Spur

Was landet in unseren Flüssen?

Viele Arzneimittel werden im Körper nicht restlos abgebaut. Sie verlassen den Körper über den Urin und gelangen in die Kläranlagen. Manche der Stoffe passieren konventionelle Kläranlagen nahezu ungehindert und geraten stark verdünnt in unsere Flüsse. Von einigen ist bekannt, dass sie auch in geringen Spuren Tiere und Pflanzen in ihrer Entwicklung schädigen können. Manche Stoffe können das Grundwasser erreichen und so die Trinkwasseraufbereitung erschweren.

Das alles gilt nicht nur für Medikamentenrückstände, sondern auch für viele andere Chemikalien, die uns im Alltag begegnen, etwa in Reinigungsmitteln und Pestiziden. Deswegen ist es wichtig, die Vielfalt und Verbreitung dieser Spurenstoffe in unseren Gewässern zu kennen. Der Bericht „Spurenstoffinventar der Fließgewässer“ der LUBW wertet hierzu tausende Einzelmessungen von rund 90 Stoffen an 114 Flüssen unterschiedlicher Größe in Baden-Württemberg aus.

Besonders auffällig ist dabei Diclofenac, ein viel verwendetes Schmerzmittel und Entzündungshemmer. An mehr als drei Vier­tel der zahlreichen untersuchten Messstellen in Baden-Württem­berg lag der Mittelwert oberhalb des Referenzwerts – besonders dort, wo viele Kläranlagen in die Gewässer einleiten. Auch wenn der Referenzwert derzeit von der Europäischen Union nur als Vorschlag für eine Umweltqualitätsnorm diskutiert wird, zeigt uns der Fall Diclofenac klar, wie weit manche Substanzen in der Umwelt verbreitet sein können.


 

Abbildung: Konzentrationsmittelwerte von Diclofenac innerhalb des Untersuchungszeitraums von Mai 2013 bis Dezember 2021, kategorisiert in drei Konzentrationsklassen. Der Referenzwert für Diclofenac beträgt 0,04 μg/L.

Zuversichtlich stimmt, dass im Rhein, wo es besonders viele Messwerte gibt, die Konzentrationen seit dem Jahr 2013 gesunken sind. Möglicherweise haben unter anderem Aufklärungskampagnen über Diclofenac und die Verbreitung der „Wischen-statt-Waschen-Strategie“ einen Anteil daran: Nach Auftragen von Diclofenac-haltiger Salben sollen die Hände vor dem Wa­schen zunächst mit einem Papiertuch abgewischt werden.


 

Abbildung: Zeitliche Entwicklung der Abfluss-normalisierten der Diclofenac-Konzentration in Mikrogramm pro Liter (μg/L) im Rhein bei Karlsruhe. Die durchgezogene violette Linie zeigt den zeitlichen Trend einer Abnahme um ca. 0,007 μg/L pro Jahr.

Diclofenac wird in konventionellen Kläranlagen nur in geringen Teilen entfernt. Um die Leistung zur Entfernung dieser und anderer Stoffe deutlich zu steigern, werden spezielle Behandlungsstufen nachgerüstet, die sogenannten 4. Reinigungsstufen. Baden-Württemberg ist hierbei international ein Vorreiter und hat Stand Dezember 2022 bereits 25 Anlagen derart verbessert. Eine davon war das Klärwerk Langwiese bei Ravensburg, das bereits im Jahr 2013 nachgerüstet wurde, woraufhin sich die Konzentration von Diclofenac in der Schussen etwa halbiert hat. Ähnliches lässt sich unter anderem auch an der Enz beobachten, wo im Jahr 2020 die große Kläranlage Pforzheim nachgerüstet wurde.

Die Vermeidung der Verschmutzung ist dennoch das oberste Gebot – hier können auch Sie einen wichtigen Beitrag leisten. Dies und mehr finden Sie im Abschlussbericht, der sich unter dem genannten Link kostenlos herunterladen lässt. Wir wünschen viel Vergnügen beim Lesen!

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