Baden-Württemberg ist sehr reich an Seen. Deren Wasserqualität immer im Blick zu behalten ist dementsprechend sehr herausfordernd. Hierbei soll zukünftig die Fernerkundung helfen. Mittels Satelliten können so viel mehr Seen regelmäßig überprüft werden, als mit herkömmlichen Methoden, bei denen vor Ort aufwändig Wasserproben genommen und dann im Labor untersucht werden. Hierfür hat das Institut für Seenforschung (ISF) der LUBW das Projekt SAMOSEE-BW - „Satellitenbasiertes Monitoring von Seen in Baden-Württemberg“ ins Leben gerufen. Dieses Projekt wird durch die Digitalisierungsstrategie des Landes Baden-Württemberg gefördert.
Mit dem Projekt werden Satellitendaten für die routinemäßige Bewertung von Stehgewässern nutzbar gemacht. Bis aus den Rohdaten aber anschauliche Grafiken, Tabellen und Abbildungen werden, ist es ein weiter Weg. Mithilfe von speziellen Computerprogrammen und Arbeitsroutinen werden störende Einflüsse der Atmosphäre, Wolkenbildung oder Sonnenreflexion gefiltert und korrigiert. Die klassischen Messungen und Wasserprobenentnahmen werden jedoch auch in Zukunft trotz aller Technik weiterhin unerlässlich sein, um die Qualität der Seen im Blick zu behalten.
Bild zeigt: Satellit über der Erde, Bildnachweis: dimazel/stock.adobe.com
Ein Anzeiger für die Gewässergüte ist unter anderem der Blattfarbstoff Chlorophyll-a. Dieser kommt neben Pflanzen auch im Phytoplankton von Seen vor, wo er für die Photosynthese zuständig ist. Aufgrund seiner Grünfärbung lässt er sich auch aus dem All mit Hilfe von Satelliten erfassen.
Zur Erfassung nehmen die Satelliten mit ihren an Bord befindlichen Multispektralsensoren die Farbe eines Gewässers sehr genau auf. Diese Multispektralsensoren messen die Intensität des vom Gewässer zurückgestrahlten Lichtes für verschiedene Wellenlängen. Durch die Absorption von Chlorophyll-a erscheint das Wasser in einem See grün, wenn es sehr viele Algen beziehungsweise sehr viel Phytoplankton gibt. Anhand dieser Grünfärbung kann man die Konzentration von Chlorophyll-a im Wasser ermitteln.
Die Chlorophyll-a-Konzentrationen in einem Gewässer erlauben es, Rückschlüsse auf Algenblüten und allgemein auf die Primärproduktion in einem Gewässer zu ziehen, d.h. wieviel Algenbiomasse in einem Gewässer erzeugt wird. Diese steht dann für die Nahrungskette im See zur Verfügung und bestimmt ganz wesentlich, wie sich das Ökosystem See als Ganzes entwickelt. Außerdem können anhand der Chlorophyll-a-Konzentrationen in einem Gewässer Informationen über den Trophiezustand eines Sees – das heißt wieviel Nährstoffe in einem See sind – abgeleitet und der Gewässerzustand bewertet werden.
Neben Chlorophyll-a können auch Informationen zur Trübung und Sichttiefe und zur Temperatur an der Wasseroberfläche ermittelt werden, sowie die Wahrscheinlichkeit, ob sich im See problematische Algen entwickeln und es zu sogenannten Blaualgenblüten kommen kann.
Bild zeigt: Überblick über die Chlorophyll-a-Gehalte in 21 baden-württembergischen Seen. Bildnachweis: ISF
Bei den größeren Seen wie dem Bodensee wird durch die häufige Überfliegung eine zeitlich engere Analyse des Gewässerzustandes möglich. Die höhere räumliche Auflösung der Satellitenbilder erlaubt es den Fachleuten zudem, die Entwicklung in mehr Seeteilen und Buchten im Detail zu verfolgen als dies bei der regelmäßigen Analyse von Wasserproben möglich ist. Wasserproben können wegen des hohen Aufwandes nur an wenigen Stellen im See genommen werden. Gerade im Hinblick auf die Entwicklung potenziell gefährlicher Blaualgenblüten – angezeigt durch den sogenannten HAB-Indikator (Harmful Algal Bloom, gefährliche Algenblüte) – können die Daten aus dem All wichtige Informationen für die Sicherheit des betreffenden Gewässers als Badesee geben.
In Zukunft soll die Fernerkundung noch weiter ausgebaut werden. So sind beispielsweise automatisierte Warnungen auf Basis der Satellitendaten denkbar, wenn Blaualgen das Gewässer verunreinigen. Die Nutzung neuer Satelliten und Sensoren sowie eine erhöhte Schnelligkeit in der Weiterverarbeitung der Gewässerinformationen sind weitere Pläne für die Zukunft. Damit kann der Zustand der Seen frühzeitig erkannt werden und es können gegebenenfalls weitere detaillierte vor-Ort-Untersuchungen stattfinden.