Chemischer Zustand

Die Einstufung des chemischen Zustands – „gut“ oder „nicht gut“ – eines Oberflächenwasserkörpers richtet sich nach den Umweltqualitätsnormen, die in der Oberflächengewässerverordnung (aktuelle OGewV vom 20.06.2016) geregelt sind. Die UQN oder Umweltqualitätsnorm stellt die Konzentration eines bestimmten Schadstoffs oder einer bestimmten Schadstoffgruppe dar, die in Wasser, Schwebstoffen, Sedimenten oder Biota (Fische, Muscheln) aus Gründen des Gesundheits- und Naturschutzes nicht überschritten werden darf. Derzeit gehen 45 prioritäre Stoffe oder Stoffgruppen in die Bewertung ein. Dazu gehören Metalle, Pestizide und weitere Chemikalien. Wird für einen der Stoffe oder Stoffgruppen die UQN überschritten, ist der chemische Zustand für diesen Oberflächenwasserkörper bereits als „nicht gut“ einzustufen.

Der flächendeckende nicht gute chemische Zustand der letzten Bewertung von 2021 (OGewV 2016, Datengrundlage 2016-2018) ist auf die ubiquitäre Verbreitung der Schadstoffe Quecksilber und polybromierte Diphenylether zurückzuführen (Karte 1). Die meisten Überschreitungen bei den nicht-ubiquitären Stoffen wurden für den polyzyklischen aromatischen Kohlenwasserstoff Fluoranthen (49 Oberflächenwasserkörper) und das Pflanzenschutzmittel Bifenox (11 Oberflächenwasserkörper) nachgewiesen (Karte 2-4).

Chemischer Zustand der Oberflächenwasserkörper mit ubiquitären StoffenChemischer Zustand der Oberflächenwasserkörper nicht ubiquitäre Stoffe

Chemischer Zustand der Oberflächenwasserkörper mit ubiquitären Stoffen - Stand 12/2021 (links)

chemischer Zustand der Oberflächenwasserkörper nicht ubiquitäre Stoffe - Stand 12/2021 (rechts)

Die Bewertungen der flussgebietsspezifischen Schadstoffe und chemisch-physikalische Parameter werden für den Ökologischen Zustand herangezogen. Sie finden die Informationen auf der Internetseite Ökologischer Zustand.

Der chemische Zustand wird landesweit an etwa 175 regelmäßig beprobten Messstellen überwacht. Die Überwachung erfolgt grundsätzlich durch die Analyse von Wasserproben. Zusätzlich wird an Rhein, Neckar und Donau sowie an ausgewählten Zuflüssen die Beschaffenheit von Schwebstoffen und von Sedimenten überwacht.
Untersucht werden die chemisch-physikalischen Kenngrößen wie z. B. Nährstoff- und Sauerstoffgehalte, die zur Beurteilung der Lebensbedingungen der Gewässerflora und -fauna wichtig sind. Weiterhin wird auch die Belastung mit Schadstoffen bzw. Schadstoffgruppen (z. B. Pflanzenschutzmittel, Industriechemikalien und Schwermetalle) überwacht. Der Parameterumfang und die Häufigkeit der Beprobung an den einzelnen Messstellen richten sich nach der wasserwirtschaftlichen Bedeutung des Gewässers und der spezifischen Belastungssituation.
Der Rhein wird darüber hinaus intensiver untersucht: An der Messstation Karlsruhe, der gemeinsam mit der Schweiz betriebenen Messstation in Weil am Rhein und der gemeinsam mit den Ländern Rheinland-Pfalz und Hessen betriebenen Station in Worms werden täglich eine Vielzahl von Stoffen gemessen, um innerhalb kurzer Zeit akute Schadstoffeinträge zu erfassen, die Unterlieger zu informieren und gegebenenfalls erforderliche Maßnahmen einleiten zu können (siehe Warn- und Alarmdienste).

 

Langjährige Messwerte

 

An 17 Online-Messstationen an Rhein, Neckar und Donau werden Temperatur, Sauerstoffgehalt, elektrische Leitfähigkeit und pH-Wert kontinuierlich gemessen. An weiteren sechs Messstationen an Neckarzuflüssen sowie an zwei Messstationen an der Radolfzeller Aach und einer Messstation an der Donau wird die Temperatur fortlaufend registriert. Die Daten werden zu Stundenmittelwerten aggregiert und an die LUBW online übertragen. Diese Daten sind eine Grundlage für die Warn- und Alarmdienste – dabei werden kritische Gewässerzustände aufgrund hoher Temperaturen und niedriger Sauerstoffgehalte sofort erkannt und notwendige Maßnahmen eingeleitet. Daneben werden die Daten auch zeitnah im Internet veröffentlicht.

 

Langjährige Messwerte

 

Warn- und Alarmplan Rhein 

Bei der Katastrophe in Schweizerhalle 1986 oberhalb von Basel, besser bekannt unter Sandoz, gelangten infolge eines Brandes große Mengen mit Chemikalien belasteten Löschwassers in den Rhein und führten auf über 400 km im Rhein zu einem Fischsterben. Zudem musste die Entnahme von Trinkwasser aus dem Rhein für drei Wochen gestoppt werden.

Die in der internationalen Kommission zum Schutze des Rheins zusammengeschlossenen Anrainerstaaten haben in der Folge die Überwachung im Rahmen des internationalen Warn- und Alarmplans intensiviert und die Zusammenarbeit verstärkt. Dazu wurde ein Frühwarnsystem entlang des Rheins eingerichtet, um unfallbedingte Schadstoffeinträge zeitnah zu erfassen und mögliche Gefährdungen für die Lebewesen des Rheins, seiner schützenswerten Altarme und für die Trinkwassergewinnung zu erkennen. Durch länderübergreifend organisierte Kommunikationswege sind die Behörden entlang des Rheins in der Lage, bei Schadstoffeinträgen in den Rhein frühzeitig Maßnahmen zu ergreifen.
Die Messstation in Karlsruhe, die gemeinsam mit der Schweiz betriebene Messstation in Weil am Rhein und die gemeinsam mit den Ländern Rheinland-Pfalz und Hessen betriebene Station in Worms sind wichtige Säulen des Warn- und Alarmplans Rhein. An diesen werden täglich Proben entnommen und auf ein breites Spektrum an Schadstoffen analysiert.

Messstation Karlsruhe

Messstation Karlsruhe

 

Sauerstoffregelement Neckar
Der Neckar zwischen Plochingen und Mannheim fließt wegen der 27 Staustufen besonders langsam. Die dichte räumliche Besiedlung im Einzugssgebiet des Neckars bedingt zudem einen hohen, nährstoffreichen Abwasseranteil durch Kläranlagen. Besonders in den Sommermonaten kann es zu einer starken Entwicklung von Algen kommen, die beim Absterben große Mengen organischen Materials produzieren. Beim Abbau dieses organischen Materials kann es zu gefährlichen Sauerstoffdefiziten für viele Wasserlebewesen kommen. Der aktuelle Sauerstoffgehalt wird mit den Online-Messstationen kontinuierlich erfasst. Bei kritischen Gehalten unter 4 mg Sauerstoff/Liter wird eine Warnmeldung ausgelöst. Es werden daraufhin Belüftungsmaßnahmen an den Kraftwerken, Wehren und der Kläranlage der Stadt Stuttgart ergriffen, um den Sauerstoffgehalt kurzfristig zu erhöhen.