Illustrierter Biotopverbund mit städtischen und ländlichen Bereichen, auf dem die Lebensräume und Wanderwege von drei illustrierten Tierarten zu sehen sind

Biotopverbund - Netzwerk der Natur

Baden-Württemberg verfügt mit Landschaften wie dem Schwarzwald, den Rheinauen oder der Schwäbischen Alb, dem Odenwald oder Oberschwaben über vielfältige und einzigartige Naturräume. Diese beinhalten wiederum eine Vielzahl an Biotopen. Damit sind Lebensräume gemeint, die unsere heimischen Tier- und Pflanzenarten zur Nahrungssuche, als Fortpflanzungsstätten oder auch als Rückzugsgebiete benötigen. Insbesondere ist dabei wichtig, dass die Arten zwischen den verschiedenen Räumen wandern und sich genetisch austauschen können. Ein dichtes Netz verbundener Lebensräume – der sogenannte Biotopverbund – ist daher überlebenswichtig für die biologische Vielfalt und eine intakte Natur.

Nach wie vor haben wir in Baden-Württemberg leider einen hohen Verlust an biologischer Vielfalt zu verzeichnen. Die zunehmende Zerschneidung der Landschaft durch Verkehr, Industrie und Siedlungen, die hohe Intensität der Landnutzung, aber auch Nutzungsänderungen sowie der Ausbau von Gewässern in der Vergangenheit sind die wesentlichen Ursachen für den Lebensraumverlust und damit auch für den Artenrückgang. Dabei ist nicht nur der reine Flächenverlust problematisch. Viele Biotope sind für das Überleben von Arten zu klein und ihre isolierte Lage hemmt den Austausch zwischen den Populationen. Erschwerend kommt der Klimawandel hinzu, welcher die Lebensräume von Tieren und Pflanzen bedeutend beeinflusst und zur Verschiebung von Verbreitungsgebieten führen wird, so dass Arten in andere Gebiete ausweichen müssen.

Der Erhalt und Ausbau des Biotopverbundes sind damit von großer Bedeutung, um dieser negativen Entwicklung entgegen zu wirken und das Überleben der Artengemeinschaften nachhaltig zu sichern. Denn nur so kann die biologische Vielfalt und damit auch unsere Lebensgrundlage langfristig erhalten werden

Aufgrund seiner enormen Bedeutung hat sich daher die Landesregierung Baden-Württembergs die Stärkung und Ausweitung des Biotopverbundes zum Ziel gesetzt.

 

Was ist der Biotopverbund? – ein kurzes Video des BUND gibt Einblicke:  Eine Brücke für Tiere - der Biotopverbund.

Bei fachlichen Fragen wenden Sie sich gern an das Biotopverbund-Postfach biotopverbund@lubw.bwl.de

Das zentrale Ziel beim Ausbau des Biotopverbundes ist die Stärkung der biologischen Vielfalt. Um dieses Ziel zu erreichen, liegt hierbei der Fokus nicht nur auf dem Schutz bereits bestehender Lebensräume, sondern auch darauf, deren funktionale Vernetzung voranzutreiben. So ermöglichen Biotopverbundplanungen und –maßnahmen, dass sich insbesondere wenig mobile Arten räumlich ausbreiten, Gebiete wiederbesiedeln und auch ausweichen können zum Beispiel bei sich ändernden Umweltbedingungen wie intensiver Landnutzung oder Klimawandel. Langfristig gesehen sichert dies ihren genetischen Austausch und damit ihr Überleben. 

Von links nach rechts Gelbbauchunke, Gemeine Heidelibelle, Zauneidechse

Bereits seit 2002 ist der Biotopverbund im Bundesnaturschutzgesetz verankert. Die ab Mitte Mai beobachtbaren Ampfergrünwidderchen benötigen artenreiche wechselfeuchte Wiesen für die Nahrungssuche. Während die Raupen bevorzugt verschiedene Sauerampferarten fressen, finden die Falter an unterschiedlichen Blütenpflanzen Nektar
Das Gesetz gibt vor, einen Biotopverbund auf mindestens 10 % der Landesfläche zu realisieren (§ 21 BNatSchG). Nach dem 2010 im Kabinett bereits verabschiedeten Generalwildwegeplan (GWP) zur großräumigen Vernetzung von Waldlebensräumen und Großsäugerpopulationen hat Baden-Württemberg zur Umsetzung dieser Bundesvorgabe 2012 den Fachplan Landesweiter Biotopverbund für das Offenland ausgearbeitet. 2015 wurde er einschließlich GWP als Planungsgrundlage im Naturschutzgesetz des Landes (§ 22 NatSchG BW) verankert.


Im Zuge der Umsetzung des Volksbegehrens „Rettet die Bienen“ im Jahr 2019 wurden mit Vertreterinnen und Vertreter aus verschiedenen Gesellschaftsbereichen und der Naturschutz- und Landwirtschaftsverwaltung zahlreiche Maßnahmen herausgearbeitet, mit denen das Insektensterben gestoppt und die vielfältigen Lebensräume für unsere heimischen Tier- und Pflanzenarten geschützt werden sollen. 


Dabei war der Ausbau eines landesweiten funktionalen Biotopverbundes eines der zentralen Elemente. Er wurde in die Novellierung des Naturschutzgesetzes des Landes im Jahr 2020 aufgenommen. Das gesetzliche Ziel des Landes ist es nun, einen funktionalen Biotopverbund bis 2023 auf 10 %, bis 2027 auf 13 % und bis 2030 auf 15 % Offenland der Landesfläche zu verwirklichen. Alle öffentlichen Planungsträger haben bei ihren Planungen und Maßnahmen die Belange des Biotopverbundes zu berücksichtigen. Für die Umsetzung erstellen die Gemeinden für ihr Gebiet auf Grundlage des Fachplans Landesweiter Biotopverbund einschließlich des Generalwildwegeplans Biotopverbundpläne oder passen die Landschafts- oder Grünordnungspläne an. Der Biotopverbund ist im Rahmen der Regionalpläne und der Flächennutzungspläne soweit erforderlich und geeignet planungsrechtlich zu sichern. 

Auf Basis des 2020 aktualisierten Fachplans landesweiter Biotopverbund wurde der Ausgangswert für den Biotopverbundanteil an der Offenlandfläche des Landes ermittelt. Er beträgt ca. 9,6 % und entspricht den Kernflächen des Fachplans (Link zum Kapitel Fachplan). Kernflächen enthalten wertvolle Vorkommen von Tieren und Pflanzen, die sich von hier ausbreiten und austauschen können. Diese können beispielsweise geschützte Biotope oder besondere Artvorkommen sein. Der Erhalt und die Pflege der Kernflächen sind der Ausgangspunkt für die Stärkung des landesweiten Biotopverbundes. Um eine Wanderung zu ermöglichen, müssen die Flächen miteinander vernetzt werden. Dafür sollen weitere Bereiche identifiziert und aufgewertet werden, die den Arten als Trittsteine zwischen den Kernflächen dienen. So kann die Vernetzung der Lebensräume und damit die Durchgängigkeit der Landschaft erhöht und die Ausbreitung und der Austausch von Arten ermöglicht werden. 


Wie eine praktische Umsetzung einer Biotopverbundplanung für die Schmetterlingsart Schwarzfleckiger Ameisenbläuling (Phengaris arion) aussehen kann ist in der nachfolgenden Grafik abgebildet. Um solch eine komplexe Biotopverbundplanung erfolgreich durchzuführen, müssen viele Akteure zusammenarbeiten, damit theoretisches Wissen mit praktischen Erfahrungen vor Ort verknüpft werden kann. Besondere Bedeutung bei der Umsetzung kommt hierbei den Kommunen und der lokalen Bevölkerung zu. Einen Überblick über die Aufgaben der beteiligten Akteure erhalten Sie im Kapitel: Aktiv für den Biotopverbund.

Grafische Maßnahmendarstellung für den Biotopverbund am Beispiel des Schwarzfleckigen Ameisenbläulings
 

Um die Ziele beim Ausbau des Biotopverbunds zu erreichen, hat die Landesregierung 2019 eine landesweite Initiative zur Stärkung des Biotopverbunds gestartet, die sowohl finanzielle als auch personelle Unterstützung umfasst. Im Rahmen der Landschaftspflegerichtlinie (LPR) wurde der Fördersatz für kommunale Biotopverbundplanungen auf 90 % und für Maßnahmen, die der Umsetzung des Biotopverbundes dienen, auf 70 % angehoben. Zur Unterstützung und Koordinierung der Biotopverbundplanungen und -umsetzungen wurden in allen Landkreisen Biotopverbundbotschafter und Biotopverbundbotschafterinnen bei den Landschaftserhaltungsverbänden (LEV) bzw. den Kreisverwaltungen (bei zwei Landkreisen ohne LEV) angestellt. Die übergeordnete Steuerung erfolgt vom Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft, fachlich unterstützt durch die LUBW und die Landesanstalt für Landwirtschaft, Ernährung und Ländlichen Raum (LEL). Gemeinsam mit den Regierungspräsidien unterstützen sie die Akteure vor Ort mit einer großen Anzahl an Fachinformationen und Schulungsangeboten. Damit ist ein einheitlicher Wissensstand und ein landesweit einheitliches Vorgehen sichergestellt. 


Die Biotopverbundbotschafter und Biotopverbundbotschafterinnen können Sie über die LEV-Geschäftsstellen erreichen: Geschäftsstellen der Landschaftserhaltungsverbände in Baden-Württemberg

Biotopverbundmaßnahme: Extensive Beweidung zur Offenhaltung wertvollen Grünlands und damit Erhalt der Artenvielfalt.
 

Baden-Württemberg hat mehrere Förderprogramme, die für den Erhalt, die Schaffung und die Wiederherstellung des landesweiten Biotopverbundes eingesetzt werden können:

Landschaftspflegerichtlinie (LPR)
Planungen und Maßnahmen für den Biotopverbund können nach LPR gefördert werden: 

  • Planungskosten einer Biotopverbundplanung mit 90 % 
  • Umsetzungsmaßnahmen mit bis zu 70 % unter anderem 
    • zur Schaffung, Erhaltung und Entwicklung von Lebensräumen, 
    • für Maßnahmen zum Schutz und zur Erhaltung von Tier- und Pflanzenarten und ihrer Lebensräume.
  • Pflegeverträge mit Förderung von bis zu 100 % des Aufwands für die nachhaltige Bewirtschaftung und Pflege der Biotopverbundflächen.

 

Förderprogramm für Agrarumwelt, Klimaschutz und Tierwohl (FAKT)
Mit FAKT werden landwirtschaftliche Betriebe gefördert, die Flächen so bewirtschaften, dass sie als Verbundelemente dienen können. Hier kommen insbesondere artenreiche Mähwiesen, Streuobst, mehrjährige Blühflächen oder Brachen in Frage. Nach Ablauf der FAKT-Förderzeit können die Flächen wieder ohne Einschränkungen bewirtschaftet werden. 

 

Biodiversitätsberatung
Landbewirtschaftende und Flächennutzende können sich über die Biodiversitätsberatung zu geeigneten Maßnahmen für die Biologische Vielfalt in ihrem Betrieb informieren. Die Beratung zur Biodiversität wird zu 100 % gefördert.

 

Streuobstkonzeption
Die Streuobstkonzeption ermöglicht die Förderung von Maßnahmen zum Erhalt der Streuobstwiesen durch

  • Baumschnitt und Vermarktung von Streuobstprodukten,
  • Erhalt regionaler, lokaler Sorten und praxisorientierte Forschung,
  • Öffentlichkeitsarbeit und Vernetzung von Akteuren,
  • Aus- und Weiterbildung sowie Realisierung von Projekten.

 

Detaillierte Informationen zu den unterschiedlichen Förderprogrammen erhalten Sie beim Infodienst Landwirtschaft – Ernährung – Ländlicher Raum des Ministeriums für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz Baden-Württemberg:  Förderwegweiser des MLR

Informationen zur Gesamtbetrieblichen Biodiversitätsberatung erhalten Sie bei der Landesanstalt für Landwirtschaft, Ernährung und Ländlichen Raum Schwäbisch Gmünd: Biodiversitätsberatung

Beratung und Unterstützung zur Planung, Umsetzung und zu Fördermöglichkeiten von Maßnahmen des Biotopverbundes erhalten Sie von den Biotopverbundbotschaftern und Biotopverbundbotschafterinnen Ihres zuständigen Landschaftserhaltungsverbandes: Geschäftsstellen der Landschaftserhaltungsverbände in Baden-Württemberg

Auskunft über Fördermöglichkeiten erteilen auch die untere Naturschutzbehörde oder die untere Landwirtschaftsbehörde bei Ihrem Landratsamt und im Hinblick auf Maßnahmen im Gewässer die unteren Wasserbehörden.