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Fachplan Landesweiter Biotopverbund
Der Fachplan Landesweiter Biotopverbund ist eine landesweite Planungsgrundlage. Er muss auf lokaler Ebene überprüft und konkretisiert werden. Das geschieht im Rahmen kommunaler Biotopverbundplanungen. Mit dem Fachplan wird sichergestellt, dass Planungen und Maßnahmen zum Biotopverbund auf Basis einer landesweit einheitlichen Grundlage erstellt und durchgeführt werden. Überörtliche Zusammenhänge und Rahmenbedingungen sind einfacher erkennbar und können so besser berücksichtigt werden. Der Fachplan wurde 2012 erstmalig veröffentlicht und 2020 auf Basis neuer, landesweit verfügbarer Kartier- und Datengrundlagen aktualisiert. 2021 wurde er um den Biotopverbund Gewässerlandschaften ergänzt. Dieser dient der strukturellen Verbesserung und der Vernetzung der Lebensräume im und am Gewässer und der Sicherung und Neuentwicklung der Aue. Der Fachplan umfasst damit folgende Bestandteile:
• Biotopverbund Offenland mit Ergänzung Raumkulisse Feldvögel
• Biotopverbund Gewässerlandschaften
• Generalwildwegeplan (GWP)
Der Baustein Biotopverbund Offenland bezieht sich schwerpunktmäßig auf das Offenland. Er zielt insbesondere auf wenig mobile Arten wie viele Insektenarten oder Amphibien und ihre unterschiedlichen Lebensraumansprüche ab. Aufgrund der unterschiedlichen Ansprüche verschiedener Tier- und Pflanzenarten an ihren Lebensraum werden beim Biotopverbund Offenland trockene, mittlere und feuchte Standorte unterschieden. Für jeden Standorttyp werden Kernflächen, Kern- und Suchräume identifiziert.
Kernflächen und Kernräume:
Sie bilden das Grundgerüst des Fachplans Landesweiter Biotopverbund im Offenland sowie im und am Gewässer. Kernflächen enthalten wertvolle Vorkommen von Tieren und Pflanzen, die sich von hier ausbreiten und austauschen können. Diese Kernflächen können beispielsweise geschützte Biotope oder besondere Artvorkommen sein. Kernräume fassen die in der Distanz von max. 200 m erreichbaren Kernflächen zusammen und sind insbesondere für wenig mobile Arten von großer funktionaler Bedeutung. Der Erhalt und die Pflege sowie die Verbesserung und Ausweitung der Kernflächen und Kernräume ist der Ausgangspunkt für die Stärkung des landesweiten Biotopverbundes.
Suchräume:
Suchräume sind Räume, die sich für Trittsteine eignen können, damit Tiere und Pflanzen weiter entfernt liegende Lebensräume erreichen können. So wird die Vernetzung der Lebensräume verbessert und die Durchgängigkeit der Landschaft erhöht. Trittsteine sind beispielsweise Säume oder Blühstreifen entlang von Wegen, Äckern, Wäldern oder Gewässerrändern. Sie müssen an die Bedürfnisse der jeweiligen Zielarten und deren Ausbreitungspotenzial angepasst sein. Die Suchräume wurden rein rechnerisch basierend auf den Abständen zwischen den Kernräumen ermittelt. Weitere Informationen wie beispielsweise die Topographie wurden dabei nicht berücksichtigt. Die Suchräume geben Hinweise auf die kürzesten Verbindungen zwischen den Kernflächen beziehungsweise Kernräumen und dienen damit als Planungshilfe. Sie müssen jedoch anhand der tatsächlichen Gegebenheiten vor Ort überprüft und gegebenfalls angepasst werden, um sinnvolle Verbindungen zwischen den Kernflächen zu schaffen.
Raumkulisse Feldvögel - Ergänzung zum Fachplan Offenland
In Baden-Württemberg, Deutschland und Europa geht die Feldvogelfauna (zum Beispiel Feldlerche, Grauammer) dramatisch zurück. Dieser Rückgang konnte im landesweiten Biotopverbund bisher nicht berücksichtigt werden, da Ackergebiete kaum abgebildet wurden. Um dieses Defizit auszugleichen wurde die Raumkulisse Feldvögel (Link zur Veröffentlichung) erarbeitet, die als Ziel die Sicherung von Vogelbeständen auf Populationsebene verfolgt. Die Raumkulisse Feldvögel ist eine Ergänzung zum Fachplan Offenland.
Der Biotopverbund Gewässerlandschaften umfasst ebenfalls Kernflächen und Kernräume als wertvollste Bereiche. Verbundachsen sind primär die Gewässer. Der Suchraum für den Biotopverbund Gewässerlandschaften ist die gesamte Kulisse Gewässerlandschaften. Ergänzend werden weitere Planungshinweise bereitgestellt: Angaben zu vorhandenen Barrieren und zu Entwicklungspotenzialen geben wertvolle Hinweise für eine Verbesserung oder Neuentwicklung von Lebensräumen. Die Datensätze umfassen auch Hinweise auf das Vorkommen von Arten und Lebensräumen, die im Einzelfall empfindlich gegenüber einer Revitalisierungsmaßnahme reagieren. Ein Beispiel sind Vorkommen heimischer Krebse. Eine Verbesserung der Durchgängigkeit kann hier zur Einschleppung der Krebspest durch nicht heimische Krebsarten führen. Der Biotopverbund Gewässerlandschaften ergänzt idealerweise die Bewirtschaftungspläne und Maßnahmenprogramme zur Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie, die eine europarechtlich verbindliche, ermessensleitende Fachplanung darstellen. Bei Maßnahmen im und am Gewässer ist die zuständige Behörde (Untere Wasserbehörde oder Regierungspräsidium) immer einzubinden.
Der Generalwildwegeplan (GWP) wird im Auftrag des MLR von der Forstlichen Versuchs- und Forschungsanstalt (FVA) bereitgestellt und vernetzt große, wald- und gehölzgeprägte Lebensräume für mobile Säugetiere wie Wildkatze, Rothirsch und Luchs. Diese Arten haben große Raumansprüche und legen immer wieder weite und oft auch grenzüberschreitende Wanderungen zurück. Die Wildtierkorridore des GWP sind Teil eines abgestimmten europäischen Netzwerks und zeigen die teilweise letzten verbliebenen Möglichkeiten eines großräumigen Verbunds in der fragmentierten Kulturlandschaft Baden-Württembergs auf. Aber nicht nur größere Säugetiere, auch kleinere Tier- und Pflanzenarten können in einer Generationenfolge oder über Vektortransport von Wildtierkorridoren profitieren.
Gut ausgebaute und/oder stark frequentierte Verkehrsinfrastruktur sowie die zunehmende Flächeninanspruchnahme und Nutzungsintensivierung, in jüngster Zeit zum Beispiel auch für großflächig gezäunte PV-Anlagen, stellen die größten Herausforderungen für den GWP bzw. bodengebundene Arten dar. Die Gestaltung von Korridoren, sowohl innerhalb des Waldes als auch im Offenland, ist entscheidend für den Erhalt und die Entwicklung einer hohen Funktionalität. Im Wald können durch die Waldbewirtschaftung gezielt Strukturreichtum gefördert und Störungen minimiert werden. Im Offenland ist eine enge Abstimmung mit dem Offenlandbiotopverbund notwendig, um Leitstrukturen für Wildtiere zu schaffen, aber auch um naturschutzfachliche Zielkonflikte zu vermeiden.
Zwar sind im Fachplan Biotopverbund Offenland und Biotopverbund Gewässerlandschaften auch Teile des Waldes (wie zum Beispiel Waldränder) einbezogen, ebenso wie im Generalwildwegeplan, der die wichtigsten Verbundachsen zwischen Waldgebieten für mobile größere Säugetierarten darstellt. Der Verbund zwischen und innerhalb von Waldlebensräumen als Grundlage für einen Populationsverbund von spezialisierten, strukturgebundenen, und weniger mobilen Waldarten ist jedoch noch nicht berücksichtigt.
Im Rahmen der Weiterentwicklung der Gesamtkonzeption Waldnaturschutz, und gefördert durch das Sonderprogramm zur Förderung der Biologischen Vielfalt, wird daher derzeit an der FVA ein Biotopverbundkonzept für den Wald entwickelt. Dieses soll einerseits die Lücken schließen, die beim jetzigen Fachplan hinsichtlich bewaldeter Lebensräume bestehen, und andererseits – in enger Verzahnung mit den bestehenden Komponenten - ein kohärentes Konzept zur Vernetzung von Waldlebensräumen sowie Lebensraumtypen innerhalb des Waldes erarbeiten.