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null Gottesanbeterin fühlt sich im Ländle wohl

Erkenntnisgewinn durch das Citizen Science-Projekt „Artenmeldeplattform“ der Landesanstalt für Umwelt Baden-Württemberg

02.08.2018

Zunehmend werden die Erkenntnisse von fachlich versierten Laiinnen und Laien von Wissenschaft und Verwaltung geschätzt und in Studien miteinbezogen. So auch bei der LUBW Landesanstalt für Umwelt Baden-Württemberg. Sie setzt auf bürgerschaftliches Engagement bei der Erfassung von leicht erkennbaren Arten. Aus Anlass der heutigen Begehung des Michaelsbergs bei Untergrombach mit Umweltstaatsekretär Dr. Andre Baumann erläuterte die LUBW den anwesenden Vertreterinnen und Vertretern von Naturschutz- und Umweltverbänden sowie Medien das Vorgehen am Beispiel der heimischen Gottesanbeterin, die sich in Baden-Württemberg zunehmend wohler fühlt. Bürgermeister Andreas Glaser begrüsste die Interessierten.

Staatssekretär Baumann: Baden-Württemberg trägt besondere Verantwortung für Gottesanbeterin

„Baden-Württemberg trägt eine besondere Verantwortung für diese faszinierende Art, da das Land mit den Vorkommen entlang der Rheinschiene und hier insbesonde­re rund um den Kaiserstuhl den Hauptteil des bundesdeutschen Gesamtbestandes der Europäischen Gottesanbeterin beher­bergt“, erläuterte Staatssekretär Andre Baumann. Er betonte, dass die Biomasse der Insekten einer aktuellen Studie zufolge im Verlauf der letzten 27 Jahre um 75 Prozent eingebrochen sei. „Um den Verlust der Artenvielfalt im Land zu stoppen und die einzigartigen baden-württembergischen Kultur- und Naturlandschaften zu stärken, investiert die Landesregierung mit dem Sonderprogramm zur Stärkung der biologischen Vielfalt daher in den Jahren 2018 und 2019 insgesamt 36 Millionen Euro.“

Die sonnenexponierten Gras- und Buschlandschaften mit den charakteristischen Lesesteinwällen des Michaelsbergs bieten gute Lebensbedingungen für die Europäische Gottesanbeterin. Die Gottesanbeterin ist nach dem Bundesnaturschutzgesetz besonders geschützt und auf der Roten Liste der gefährdeten Arten Baden-Württembergs in Kategorie 3, das bedeutet gefährdet, eingestuft.

Meldeplattform der LUBW für die Gottesanbeterin

Nur was man kennt, kann man auch schützen. Deshalb sind die Kartierungen eine wichtige Grundlage für den Artenschutz. Seit rund einem Jahr erfasst die LUBW das Vorkommen der leicht erkennbaren Gottesanbeterin mithilfe von interessierten Laiinnen und Laien über ihre Artenmeldplattform. „Die Qualität der 767 Fundmeldungen ist insgesamt sehr hoch,“ beurteilt Eva Bell, Präsidentin der LUBW, die Daten. Die Meldungen werden von den Fachleuten der LUBW plausibilisiert und in das zentrale Arten-Informationssystem des Landes überführt, wo sie der gesamten Naturschutzverwaltung zur Verfügung stehen.

Die Funde entsprechen zwar nicht exakt der aktuellen Verbreitung der Art, da die Beobachtungen meist zufällig zustande kommen. Je höher die Anzahl der eingegangenen Beobachtungen ist, umso besser wird deren Aussagekraft. „Jede Sichtung hilft. Dank der Meldeplattform zur Gottesanbeterin konnten wir erhebliche Erkenntnisse zu ihrer Verbreitung und zu den Lebensräumen gewinnen“, so Bell.

Gottesanbeterin Profiteur des Klimawandels

In Baden-Württemberg ist sie in wärmebegünstigten Lebensräumen zu finden. Im Zuge des voranschreitenden Klimawandels wird sich ihr Verbreitungsgebiet voraussichtlich ausdehnen und sie wird häufiger anzutreffen sein. Sie kann also als Profiteur des Klimawandels gesehen werde. Die momentan gültige Rote Liste der Fang- und Heuschrecken basiert auf einer Erhebung von vor 20 Jahren und wird derzeit im Auftrag der LUBW im Rahmen des Arten- und Biotopschutzprogramms aktualisiert. „Bei der Gottesanbeterin dürfte es sich um eine der wenigen Insektenarten handeln, deren Bestände sich in den letzten Jahrzehnten positiv entwickelt haben“, betont Michael Waitzmann, Leiter des Sachgebietes Artenschutz der LUBW.

Die Gottesanbeterin steht als Schirmart stell­vertretend für extensiv genutzte Offenlandlebensräume und die Großinsektenfauna unserer wärmebegünstigten Kulturlandschaften. Franz Untersteller, der baden-württembergische Minister für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft, hat die Schirm­herrschaft für das Insekt im vergangenen Jahr übernommen. Durch den Schutz der Schirmart, z. B. durch Landschaftspflegemaßnahmen oder Verzicht auf Insektizide, werden automatisch viele andere Arten geschützt, wie zum Beispiel der wärmeliebende Bläuling, Prachtkäfer oder die Wildbienen.

 

Hintergrundinformation

Artenmeldeplattformen der LUBW

Die LUBW erfasst mithilfe ihrer Meldeplattformen seltene und leicht zu erkennende Arten in Baden-Württemberg, derzeit sind es Laubfrosch, Feuersalamander, Hirschkäfer und Weinbergschnecke. Online stehen auf den Meldeplattformen konkrete Bestimmungshilfen sowie viele weitere Informationen zur Biologie und Ökologie dieser Arten aber auch zu Gefährdungsursachen und Schutzmöglichkeiten zur Verfügung. Die bisherigen plausibilisierten Meldungen können hier eingesehen werden.

Die Meldeplattformen leben von der Beteiligung der Öffentlichkeit. „Bürgerwissenschaft“ oder „Citizen Science“ heißt das Zauberwort, mit der die sogenannte Schwarmintelligenz bezeichnet wird. Das Wissen von naturinteressierten Personen wird genutzt und gefördert. Bürgerinnen und Bürger können über die Artenmeldeplattform auf der Webseite der LUBW ihr Funde am besten mit einem Foto melden. Wer die Umwelt-App des Landes Baden-Württemberg auf seinem Smartphone hat, kann seinen Artenfund auch direkt vom Fundort übermitteln.

Rückfragen

Weiterführende Informationen zu den Meldeplattformen der LUBW finden Sie auf der Webseite „Meldeplattformen“.

Funde können Sie über die hier verlinkte Eingabemaske melden: Artenfund melden. Bitte beachten Sie, dass dafür auf jeden Fall ein Foto des gefundenen Exemplars bzw. der Exemplare erforderlich ist. Telefonische Meldungen können wir nicht entgegennehmen. Wir bitten um Verständnis.