Umweltmeteorologie

Die Immissionskonzentrationen und somit die Luftqualität werden durch die Schadstoffemissionen und die Transmission der Schadstoffe in der Atmosphäre bestimmt. Der Meteorologie kommt sowohl im Hinblick auf das Immissionskonzentrationsniveau selbst als auch bei der Luftschadstofftransmission eine bedeutende Rolle zu tragen. So entscheiden die meteorologischen Verhältnisse (geringe - hohe Windgeschwindigkeit, gute - schlechte Austauschbedingungen, etc.) bei gleichbleibenden Emissionen, sei es von einer Anlage oder dem Verkehrsaufkommen in einer Straße, über die tatsächliche Schadstoffbelastung in der Umgebung.Topografischer Kartenausschnit für den Bereich Stuttgart. Im 500 Meter mal 500 Meter Abstand sind die synthetischen Windrosen eingezeichnet.

Für die Ausbreitungsrechnung der Schadstoffbelastung verursacht durch beispielsweise eine Anlage oder eine Straße sind daher meteorologische Daten eine wichtige Eingangsgröße. Soweit möglich werden gemessene und besonderen Qualitätsansprüchen genügende Winddaten herangezogen. Oft stehen allerdings aufgrund der besonderen topografischen Verhältnisse in Baden-Württemberg keine geeigneten Windmessdaten zur Verfügung. Aus diesem Grund wurden von der metsoft GbR für Baden-Württemberg flächendeckend Synthetische Winddaten erstellt.

Meteorologische Einflüsse

Die Luftschadstoffbelastung während eines Jahres ist geprägt von den Emissionen und den meteorologischen Verhältnissen. Die auftretenden Schwankungen ergeben sich ganz überwiegend durch die periodischen Tages-, Wochen- und Jahresgänge, welche insbesondere durch Veränderungen der meteorologischen Größen wie Wind, Temperatur, Niederschlag und Sonnenstrahlung verursacht werden. So kommt es neben langen Phasen mit einer durchschnittlichen oder niedrigen Immissionsbelastung immer wieder zu auffälligen Episoden mit einer überdurchschnittlich hohen Belastung. Solche Phasen treten vorwiegend im Sommer und Winter während ausgeprägter Hochdruckwetterlagen auf. Hier liegen häufig schlechte Ausbreitungsbedingungen mit geringen Windgeschwindigkeiten und einer stablien Schichtung der Atmosphäre vor, die zu einer Anreicherung von Luftschadstoffen führen. Nicht übersehen werden darf, dass sich in solchen Episoden sehr oft auch die Emissionen erhöhen. So sind zum Beispiel an heißen Hochsommertagen die biogenen Emissionen der flüchtigen organischen Verbindungen (VOC) überdurchschnittlich hoch. An trüben, kalten Wintertagen sind die Emissionen aus Heizungsanlagen wesentlich stärker als an milden, sonnigen Tagen. Die Übergangsjahreszeiten sind davon weniger betroffen.

Es führt auf die Frage, welche Ursachen zu erhöhten Luftschadstoffsituationen führten. An den Messstationen des Luftmessnetzes Baden-Württemberg werden daher neben den Luftschadstoffkonzentrationen auch die meteorologischen Parameter gemessen, die für die Entstehung und die Ausbreitung von Luftverunreinigungen und damit für die Beurteilung der Luftqualität relevant sind.

Meteorologische Größen

Die Ausbreitung von Schadstoffen in der Atmosphäre wird maßgeblich von den meteorologischen Größen bestimmt. Folgende meteorologische Größen werden an den Messstationen des Luftmessnetzes Baden-Württemberg kontinuierlich erfasst.

  • Globalstrahlung

Die Globalstrahlung ist die Summe aus direkter und diffuser Sonneneinstrahlung, bezogen auf eine horizontale Flächeneinheit an der Erdoberfläche. Die Angabe der Messwerte für die Globalstrahlung erfolgt in Watt pro Quadratmeter (W/m²). Zur Messung der Globalstrahlung werden meist Pyranometer genutzt und die VDI-Richtlinie 3786 Blatt 5 herangezogen.

  • Luftdruck

Der Luftdruck ist der Druck, den die Masse einer vom Erdboden bis in an die Grenze der Atmosphäre reichenden Luftsäule aufgrund der Schwerkraft auf eine Einheitsfläche ausübt. Der Luftdruck wird häuig in Hektopascal (hPa, 1 hPa = 100 Pa) angegeben. Auf Meeresniveau beträgt der Luftdruck im Mittel 1023,15 hPa. Mit der Höhe nimmt der Luftdruck ab. Die Luftdruckmessung erfolgt mit Barogebern gemäß der VDI-Richtlinie 3786 Blatt 16.

  • Lufttemperatur

Die Lufttemperatur ist physikalisch betrachtet ein Maß für den Wärmezustand der Luft bzw. eines Luftvolumens in der bodennahen Atmosphäre. Die Lufttemperatur wird in der Einheit Grad Celsius (°C) angegeben. Die Messung der Lufttemperatur darf weder von der Sonnenstrahlung noch von aus der Umgebung ausgehenden Wärmestrahlung beeinflusst werden. Die Messung erfolgt in der Regel in einer Höhe von 2 Metern mit Widerstandsthermometern und gemäß der VDI-Richtlinie 3786 Blatt 3.

  • Niederschlag

Der Niederschlag umfasst jede Art auf die Erdoberfläche fallenden Niederschlags. Die Niederschlagsmenge ist dabei die in einer bestimmten Zeit auf eine Einheitsfläche gefallene Menge Niederschlag und wird häufig in Liter pro Quadrameter (l/m²) angeben. Eine andere und in der Meteorologie eher verwendete Niederschlagsangabe ist die Niederschlagshöhe, angegeben in Millimeter (mm). Eine Niederschlagshöhe von 1 mm entspricht exakt einer Niederschlagsmenge von 1 l/m². Die Messung erfolgt mit Niederschlagsgebern (sogenannten Ombrometern) gemäß der VDI-Richtlinie 3786 Blatt 7.

  • Relative Feuchte

Die Relative Feuchte gibt den tatsächlich vorhandenen Wasserdampfgehalt in der Atmosphäre im Verhältnis zum bei der gegebenen Lufttemperatur maximal möglichen Wasserdampfgehalt an. Die Relative Feuchte wird in der Einheit Prozent (%) angegeben. Bei einer relativen Luftfeuchtigkeit von 100 % ist die Luft vollständig gesättigt und noch mehr Wasserdampf führt zur Tröpfchenbildung. Warme Luft kann mehr Wasserdampf aufnehmen als kalte. Die Messung der Relativen Feuchte erfolgt mit Hygrometern/Hygrogebern  gemäß der VDI-Richtline 3786 Blatt 4.

  • Windgeschwindigkeit und Windrichtung

Die Windgeschwindigkeit als gerichtete Größe gibt den Weg pro Zeiteinheit eines Luftteilchens an. Bei der Ausbreitung von Immissionen ist die horizontale Komponente der als Vektor definierten meteorologischen Größe entscheidend. In Abhängigkeit der Oberflächenrauigkeit und der Orographie variiert die horizontale Windgeschwindigkeit. Über der See oder in der freien Atmosphäre ist beispielsweise die Windgeschwindigkeit aufgrund der geringeren Rauigkeit höher. Die Windgeschwindigkeit wird in veschiedenen Einheiten angeben. Typische Einheiten sind Meter pro Sekunde (m/s), Kilometer pro Stunde (km/h), Knoten (kt) und Beaufort. Die Messung der Windgeschwindigkeit erfolgt mit Anemometern (z. B. Schalen- oder Ultraschall-Anemometer).

Die Windrichtung gibt die Himmelsrichtung an, aus der der Wind weht. Die Windrichtung wird in Grad angegeben. Ausgehend von einem Vollkreis von 360 Grad, werden die Hauptwindrichtungen wie folgt angegeben: Nord = 0 bzw. 360 Grad, Ost = 90 Grad, Süd = 180 Grad, West = 270 Grad. Die Messung der Windrichtung erfolgt mit z. B Windfahnen oder Ultraschall-Anemometern.

Die Windmessung erfolgt gemäß der VDI-Richtlinie 3786 Blatt 2.

Über den interaktiven Dienst UDO (Umwelt-Daten und -Karten Online) der LUBW können einzelne Daten bis hin zu mehrjährigen Zeitreihen der meteorologischen Größen abgerufen werden.

Kaltluftabflüsse

Bei windschwachen und wolkenarmen Wetterlagen, insbesondere in den Nächten, kommt es infolge der langwelligen Ausstrahlung zur Bildung von Kaltluft, welche zu Beginn der Nacht in Abhängigkeit des Geländereliefs und der Landnutzung den Geländegradienten abwärts fließt. Diese immissionsseitig wichtigen sogenannten Kaltluftabflüsse gehören wie die Berg-/Talwinde und die Land-/Seewinde zu den thermischen Windsystemen. Im weiteren Verlauf der Nacht überlagern die Bergwinde (=Talabwinde) die eher geringmächtigen Hangabwinde.

Durch die für Kaltluftabflüsse charakteristische nahezu laminare Strömung, das heißt durch die weitgehende Unterdrückung der vertikalen Turbulenz, können Spurenstoffe über weite Entfernungen nahezu unverdünnt transportiert werden. Bei hohen Quellen bleiben die Spurenstoffe in größerer Höhe und führen bodennah nur zu geringen Immissionen. Bei bodennahen Quellen verbleiben die Spurenstoffe in der bodennahen Schicht und führen häufig zu hohen Konzentrationen.