Deponietechnik

Im Laufe der letzten 40 Jahre wurden die technischen Anforderungen an Deponien immer weiterentwickelt. Die Folge waren Übergangs- und Bestandschutzregelungen für Deponien, die von Ihrem Wesen her als dauerhafte Beseitigungsanlagen angelegt sind.
Eine umweltverträgliche Deponierung wird durch eine Vielzahl technischer Maßnahmen bewirkt. Hierfür wurde 1986 das Multibarrierenkonzept entwickelt. Weitere wichtige Elemente für eine das Gemeinwohl nicht belastende Deponierung von Abfällen sind die Überwachung, Erfassung, Sammlung, Reinigung und Beseitigung bzw. Verwertung von Deponiesickerwasser und Deponiegas.

Im Rahmen des Inkrafttretens der Verordnung zur Vereinfachung des Deponierechtes (DepV) zum 16.07.2009 wurden umfangreiche Anforderungen an die Errichtung, den Betrieb, die Stilllegung und die Nachsorge nach dem Stand der Technik von Deponien, insbesondere Anforderungen an den Standort, die geologische Barriere, die Abdichtungskomponenten und –systeme sowie Betriebsweise verbindlich und verpflichtend eingeführt.

Im Bereich der Abdichtungskomponenten nach dem Anhang 1 der Deponieverordnung wird der Stand der Technik für Geokunststoffe, Polymere und serienmäßig hergestellte Dichtungs-kontrollsysteme durch die Zulassung dieser Materialien, Komponenten oder Systeme durch die Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung (BAM) festgelegt. Für sonstige Materialien, Komponenten oder Systeme erfolgt dies durch eine bundeseinheitliche Eignungsbeurteilung der Länder in Verbindung mit den Prüfkriterien und Anforderungen an den fachgerechten Einbau sowie an das Qualitätsmanagement durch bundeseinheitliche Qualitätsstandards (BQS).

Die LUBW als fachbehördliche Kompetenzstelle in BW ist in den beiden Zuständigkeitsgremien (Fachbeirat der BAM sowie LAGA Ad-hoc AG Deponietechnik) vertreten und ist daher an der Fortentwicklung zum Stand der Technik aktiv eingebunden.

Im Hinblick auf die allgemeinen Anforderungen zur Feststellung der endgültigen Stilllegung und zur Entlassung aus der Nachsorgephase wird auf die Hinweise der baden-württembergischen „Vollzugsorientierende Hinweise zur Feststellung der endgültigen Stilllegung von Deponien“ aus 2019 sowie der „Grundsätze zur Entlassung von Deponien aus der Nachsorge“ der LAGA aus 2018 verwiesen. Die hierin genannten Beurteilungsmaßstäbe werden durch die zuständigen Behörden im jeweiligen Anwendungsfall zu Grunde gelegt.

Für die in Baden-Württemberg in Anwendung der Ausnahmeregelung nach § 3 Abs. 4 DepV bestehenden, ausschließlich zur Ablagerung von unbelastetem Bodenaushub bestehenden, sogenannten DK „-0,5“ Deponien wurde im Jahr 2021 ein (Muster-) Eignungsnachweis für die Rekultivierungsschicht bei eingeschränkten Inertabfalldeponien der Klasse 0 („DK -0,5“) für die Umsetzung des BQS 7-1 als fachliche Grundlage zur Rekultivierung von diesen Deponien erarbeitet. Dieser soll den zuständigen Abfallrechtsbehörden als Unterlage für den Nachweis gemäß Anhang 1 Nr. 2.1 Satz 2 DepV im Sinne eines „objektspezifischen“ Eignungsnachweises dienen und für die Deponiebetreiber eine entsprechende Umsetzungsvorgabe zur ordnungsgemäßen Deponierekultivierung bei diesen Deponien bereitstellen.

Multibarrierenkonzept

Das Multibarrierenkonzept, das 1986 entwickelt wurde, besteht aus mehreren Sicherungssystemen (Barrieren), die unabhängig voneinander wirken und somit Umweltschäden und -belastungen auch dann noch verhindern, wenn eine Barriere versagt.

Aufbau und Funktionsweise eines Multibarrierenkonzeptes
Abbildung: Schematische Darstellung des Multibarrieren-Prinzips


Aufbau und Funktionsweise des Multibarrierenkonzepts:

Der Standort muss durch seine Geologie und Hydrogeologie geeignet sein. Es muss verhindert werden, dass Deponiesickerwasser in den Untergrund sickert und Boden und Grundwasser verunreinigt. Deshalb muss der Untergrund auch in der näheren Umgebung einer Deponie eine wasserundurchlässige Schicht aufweisen. Es muss ein permanent zu gewährleistender Mindestabstand von Grundwasser zum Deponieuntergrund vorhanden sein. Besonders schützenswerte Flächen müssen erhalten werden. Darüber hinaus muss ein ausreichender Schutzabstand zu besonders sensiblen Gebieten (z. B. Trinkwasserschutzgebiete) gewährleistet werden. Auf tektonischem Gebiet, aber auch auf Bereichen, die von Überschwemmungen, Hangrutschungen oder Lawinen betroffen sind, dürfen keine Deponien errichtet werden.

Die schädliche Beeinträchtigung von Grundwasser durch verunreinigtes Deponiesickerwasser soll durch die Errichtung einer wirksamen, dichten, dauerhaften, widerstandfähigen und funktionstüchtigen Deponiebasisabdichtung verhindert werden. Je nach den geplanten abzulagernden Abfällen in die Deponie ist eine Deponiebasisabdichtung nach DepV für die Deponieklassen 0, I – III zu errichten. Das auf der Deponiebasis aufgefangene Deponiesickerwasser wird durch Dränagerohre nach außen zu einer Sickerwasserreinigungsanlage geführt, wo es so weit gereinigt wird, dass es in ein Oberflächengewässer oder eine Kläranlage geleitet werden kann.

 

Der durch Vorbehandlung weitgehend mineralisierte und schwer wasserlösliche Abfall zählt zu einer der wichtigsten Barrieren. Diese Barriere wird durch die Abtrennung besonders gefährlicher Anteile, eine chemisch-physikalische oder eine thermische Vorbehandlung (Verbrennung) erreicht. Um Abfälle auf Deponien der entsprechenden Klassen ablagern zu können, müssen sie die Zuordnungskriterien (Annahmekriterien) der DepV einhalten. Durch die Einhaltung dieser Zuordnungswerte soll die Entstehung von Deponiegas und die Entstehung von organisch belastetem Deponiesickerwasser weitgehend verhindert werden. Wenn im Deponiekörper weder Deponiegas noch Deponiesickerwasser entstehen, finden auch nur noch geringe Setzungen statt. 

 

Der Deponiekörper muss so aufgebaut werden, dass er stabil ist und keine Gase emittiert werden, obwohl chemische, biologische und physikalische Prozesse ablaufen. Dies wird durch einen zuverlässig geführten Betrieb der Deponie wie die Verdichtung des Abfalls, die ständige Kontrolle der Emissionen, der regelmäßigen Abdeckung des abgelagerten Abfalls und der ordnungsmäßigen Deponiegas- und Sickerwasserbehandlung gewährleistet. Wasser soll nicht eindringen können, damit nicht zu viel Sickerwasser gebildet wird.

 

Durch eine Deponieoberflächenabdichtung soll das Eindringen von Niederschlagswasser in die Deponie und somit eine Neubildung von Deponiesickerwasser verhindert werden. Ein Oberflächenabdichtungssystem besteht aus 2 Hauptkomponenten. Die eine Komponente ist die Abdichtungsschicht, die aus mehreren Elementen besteht und Deponieemissionen verhindern soll. Mit der zweiten Komponente, der Rekultivierungsschicht, wird das Eindringen von Regenwasser unterbunden.

 

Nach der vollständigen Verfüllung muss die Deponie weiter überwacht werden. Alle Systeme müssen so aufgebaut sein, dass sie repariert werden können (z. B. die Rohre der Sickerwassererfassung). Einfache Nachsorge muss gewährleistet sein, z. B. indem keine Schächte, Pumpwerke und Gänge im Deponiekörper eingebaut sind. Es müssen weiterhin Messungen durchgeführt werden.

Dieses Konzept bildet auch weiterhin die etablierte Grundlage der technischen Anforderungen nach der aktuell gültigen Deponieverordnung (DepV).

Deponiesickerwasser

Als Deponiesickerwasser bezeichnet man alle Abwässer, die mit dem in der Deponie abgelagerten Abfall in Berührung gekommen sind. Das Deponiesickerwasser entsteht im Wesentlichen durch Niederschlagswasser, das während des Einbaus der Abfälle, wenn die Deponieoberfläche noch offen ist, in die Deponie eindringt. Ebenso entsteht durch die Eigenfeuchte des Abfalls Deponiesickerwasser. Seit 2005 ist der Anteil an der Eigenfeuchte des Abfalls durch die Einführung von Annahmekriterien erheblich minimiert worden.

In wenigen Fällen, bei denen in früheren Zeiten keine oder eine nach heutigen Kriterien „minderwertige Deponiebasisabdichtung“ eingebaut wurde, kann auch Grund- oder Fremdwasser (ältere Deponieabschnitte) als Ursachen für Deponiesickerwasser genannt werden.

Das Deponiesickerwasser wird in der Regel an der Deponiebasis gesammelt und über eine Sickerwasserfassung (Basisentwässerungsschicht mit Rohr- und Schachtleitungssystemen) einer speziellen Deponiesickerwasserreinigungsanlage oder einer anderweitig geeigneten Abwasserbehandlungsanlage zugeführt. Bei Deponien oder Deponieabschnitten, die vor oder bis zum 01.06.2005 mit unvorbehandelten, organischen Siedlungsabfällen verfüllt wurden, kommen zur Reinigung des Deponiesickerwassers u. a. Verfahrenstechniken wie Umkehrosmose, Ultrafiltration, Denitrifikation/Nitrifikation und Aktivkohlebehandlung, auch in Kombinationen, zum Einsatz. Bei Deponien oder Deponieabschnitten, die ausschließlich (nach dem 01.06.2005) nur mit vorbehandelten und nicht organikreichen Abfällen verfüllt wurden, kann die Sickerwasserreinigung auch über andere Abwasserbehandlungsanlagen (z. T. kommunale Kläranlagen) erfolgen, da keine relevanten organischen Frachten behandelt werden müssen.

Zum Thema Deponiesickerwasser sind auf der Seite „Forschungsprojekte im Deponiebereich“ vom Umweltministerium Baden-Württemberg im Rahmen der Abfall- und Deponietechnik mit dem „Kommunalen Investitionsfond" (KIF) geförderte Projekte eingestellt..

Deponiegas

Durch die bis zum Jahr 2005 zulässige Ablagerung von unbehandelten Abfällen mit hohen organischen Anteilen auf vielen Deponien findet immer noch ein weitgehend nicht beeinflussbarer Abbauprozess statt.

In den meisten Fällen stellen sich dabei anaerobe Verhältnisse ein (Abbauprozesse ohne Sauerstoff). Endprodukt dieser Abbauprozesse ist ein Faulgas mit den Hauptbestandteilen Methan (CH4) und Kohlendioxid (CO2) - das sogenannte Deponiegas.

Sofern die Menge und die Güte des Deponiegases es zulassen, findet eine energetische Verwertung, in der Regel in einem Blockheizkraftwerken (BHKW) statt. Geht im Laufe der Zeit die Gasproduktion zurück, muss das „Deponieschwachgas“ wegen seiner umweltschädlichen Eigenschaften (Methan ist ein Treibhausgas) in geeigneten Anlagen verwertet oder beseitigt werden. Hierzu werden geeignete Anlagen zur Schwachgasbehandlung (z. B. CHC-Anlagen, E-Flox-Brenner, Vocsi-Box oder modifizierte Fackelanlagen) eingesetzt.

 

Neben der Behandlung von Deponiegas bestehen auch Möglichkeiten der Deponiebelüftung, die einen aeroben Abbau der organischen Substanz bewirken, sodass kein umweltschädliches Methan entsteht.

 

Aktuelle Entwicklungen im Thema Klimaschutz zeigen, dass sich der Maßstab und die Relevanz der Deponieentgasung an ehemaligen „Hausmüll- bzw. Bioreaktordeponien“ vom energetischen Verwertungs- und Energienutzungspotential zunehmend in Klimaschutzvorsorgeprinzipien wandelt. Dies kommt auch durch aktuelle Kampagnen des nationalen Klimaschutzes (BMUB – „Richtlinie zur Förderung von Klimaschutzprojekten in sozialen, kulturellen und öffentlichen Einrichtungen (Kommunalrichtlinie) im Rahmen der Nationalen Klimaschutzinitiative, Berlin: Bundesanzeiger vom 04.07.2016) zum Ausdruck.

Zum Thema Deponiegas  und -behandlung sind auf der Seite „Forschungsprojekte im Deponiebereich“ vom Umweltministerium Baden-Württemberg im Rahmen der Abfall- und Deponietechnik mit dem „Kommunalen Investitionsfond" (KIF) geförderte Projekte eingestellt..