Einstufung gefährlicher Abfall
Die Abfallverzeichnis-Verordnung (AVV) regelt die Bezeichnung von Abfällen und ihre Einstufung als gefährlich oder nicht gefährlich.
Neben absolut gefährlichen oder absolut nicht gefährlichen Abfällen gibt es in der AVV Abfallarten mit jeweils einem Abfallschlüssel für gefährlich (*) und für nicht gefährlich, die sogenannten "Spiegeleinträge". Bei diesen Spiegeleinträgen ist im Einzelfall festzustellen, ob der Abfall eine oder mehrere der in Anhang III der Richtlinie 2008/98/EG (Abfallrahmenrichtlinie) aufgeführten gefahrenrelevanten Eigenschaften HP ("Hazardous Properties") 1 bis 15 (früher H1 bis H15) aufweist und somit als gefährlich einzustufen ist. Zur Gefährlichkeitseinstufung von Abfällen aus Spiegeleinträgen sind insbesondere die chemikalienrechtlichen Regelungen zur Einstufung von Gemischen nach CLP-Verordnung anzuwenden.
(siehe hierzu die Tabellarische Darstellung der Zuordnung von Gefahrenhinweisen und Grenzwerten für alle gefahrenrelevanten Eigenschaften gemäß Anhang III der Abfallrahmenrichtlinie)
„Technische Hinweise zur Einstufung von Abfällen nach ihrer Gefährlichkeit“ der LAGA
Abfälle sind in der Praxis sehr oft Gemische aus vielen verschiedenen Einzelstoffen, deren einstufungsrelevante Konzentrationen nicht bekannt sind und nur mit hohem analytischen Aufwand ermittelt werden könnten. Eine Abfallcharakterisierung wird daher oft mit einer Untersuchung auf Summenparameter vorgenommen, z. B. dem Gesamtgehalt eines Schwermetalls oder die Summe ausgewählter polyzyklischer aromatischer Kohlenwasserstoffe (PAK). Die LAGA (Bund-/Länder-Arbeitsgemeinschaft Abfall) hat zur Ermittlung der gefährlichen Eigenschaften anhand von (Summen)-Parametern bundesweit harmonisierte Technische Hinweise zur Einstufung von Abfällen nach ihrer Gefährlichkeit erarbeitet und den Ländern zur Anwendung im Vollzug empfohlen. Die Technischen Hinweise sind auf der Homepage der LAGA eingestellt.
Diese Technischen Hinweise der LAGA wurden in Baden-Württemberg mit dem Schreiben „Einstufung von Abfällen nach ihrer Gefährlichkeit“ des Umweltministeriums vom 14.06.2019 (Az: 8973.10/35) im Vollzug eingeführt und zur Anwendung empfohlen.
Die in Baden-Württemberg unter „Heft 69“ aus der Reihe Abfall bekannten vorläufigen Vollzugshinweise des Umweltministeriums „Zuordnung von Abfällen zu Abfallarten aus Spiegeleinträgen“ vom 28.10.2002 (zuletzt aktualisiert im Februar 2006) wurden damit außer Kraft gesetzt.
In dem Einführungsschreiben vom 14.06.2019 wurden außerdem die in Baden-Württemberg geltenden Konzentrationsgrenzen für PAK und Quecksilber festgelegt, für die die Technischen Hinweise der LAGA keine harmonisierten Werte enthalten.
Weitere Erläuterungen zu den Technischen Hinweisen der LAGA
Für teerhaltige Abfälle (z. B. Straßenaufbruch oder Dachpappe mit Teeranteilen) bleibt in Baden-Württemberg die bisherige Konzentrationsgrenze von 200 mg/kg PAK (nach EPA) gemäß dem außer Kraft gesetzten "Heft 69" zur Einstufung als gefährlicher Abfall bestehen. Dieser Wert ist abgeleitet aus der für Teer (nach CLP-Verordnung legal als kanzerogen eingestuft) geltenden Konzentrationsgrenze von 1.000 mg/kg Teer und einem üblichen Anteil von 20 % PAK (nach EPA) im Teer.
Für andere PAK-haltige Abfälle, die keine Teerbestandteile enthalten (z. B. Brandschutt oder Aschen aus unvollständiger Verbrennung) gilt die Konzentrationsgrenze von 1.000 mg/kg PAK (nach EPA) auf Grund der als kanzerogen eingestuften PAK.
Es ist bekannt, dass Betonbruch hohe pH-Werte aufweisen kann, vor allem wenn er frisch gebrochen ist. Unter Einwirkung von CO2 und Wasser aus der Luft geht der pH-Wert von frisch gebrochenen Beton wieder zurück. Aus früheren Untersuchungen der alkalischen Reserve von entsprechendem Bauschutt ergab sich keine Erfordernis für eine Einstufung als ätzend/reizend. In der Regelvermutung ist daher Bauschutt nicht allein aufgrund seines hohen pH-Wertes als gefährlich einzustufen, sofern nicht anderweitige Erkenntnisse vorliegen.
Vergleich alte und neue Konzentrationsgrenzen in Baden-Württemberg
Durch die an das aktuelle Chemikalienrecht angepassten neuen Bewertungen ergeben sich in Baden-Württemberg bei einigen Parametern gegenüber dem außer Kraft gesetzten "Heft 69" abgesenkte, bei anderen Parametern erhöhte Konzentrationsgrenzen für die Einstufung als gefährlicher Abfall. In den folgenden Tabellen sind diese Änderungen dargestellt.
Parameter | Bisher Heft 69 | Neu (LAGA-Hinweise) [mg/kg OS] |
---|---|---|
Antimon | 2.500 | 10.000 |
Arsen | 1.000 | 1.000 |
Blei | 2.500 | 2.500 |
Cadmium | 100 | 1.000 |
Chrom (VI) | 1.000 | 1.000 |
Kobalt | - | 1.000 |
Kupfer | 2.500 | 2.500 |
Nickel | 2.500 | 1.000 |
Quecksilber | 50 | Keine bundesweite Einigung; in BW: 500 |
Selen | 2.500 | 2.500 |
Thalium | 1.000 | 2.500 |
Zinn-org. Verb. | 1.000 | 2.500 |
Zink | - | 2.500 |
Beryllium | 1.000 | 1.000 |
Silber | - | 2.500 |
Vanadium | - | 10.000 |
rot | geringere oder neue Werte |
grün | höhere Werte |
Parameter | Bisher Heft 69 [mg/kg TS] | Neu (LAGA-Hinweise) [mg/kg OS] |
PAK | 200 | Keine bundesweite Einigung; in BW: 200 (teerhaltige Abfälle) 1.000 (sonstige Abfälle) |
Benzo(a)pyren | 50 | 50 |
Mineralölkohlenwasserstoffe (MKW) | 8.000 | 1.000 2.500 (ohne karzinogene Stoffe) |
BTEX | 1.000 | 1.000 |
Benzol | 25 | 1.000 |
LHKW | 25 | 1.000 |
PCB | 50 | 50 |
Polychlorierte Dibenzodioxine und -furane | 0,015 | 0,015 |
"Alte" POP-Stoffe (DDT u.a.) | 50 | 50 |
rot = | geringere oder neue Werte |
grün = | höhere Werte |
Einstufung titandioxidhaltiger Abfälle
Zum 1. Oktober 2021 wurde eine neue chemikalienrechtliche Einstufung für Titandioxid (TiO2) als gefährlicher Stoff nach CLP-Verordnung (Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 über die Einstufung, Kennzeichnung und Verpackung von Stoffen und Gemischen) wirksam.
Wie sich dies auf die Einstufung von TiO2-haltigen Abfällen als gefährlicher Abfall auswirkt und wie die Einstufung bei Abfallgemischen zu bestimmen ist, hat die Bund-/Länder-Arbeitsgemeinschaft Abfall (LAGA) in der Information: Hinweise zur Einstufung titandioxidhaltiger Abfälle (LAGA, Mai 2021, PDF, 417 KB) zusammengestellt. In der Anlage 1 ist ein Schema zum Vorgehen bei der Gefährlichkeitseinstufung von titandioxidhaltigen Abfällen dargestellt.
Publikation der BAuA (Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin):
Hilfestellung zur Einstufung und Kennzeichnung von Titandioxid
Download (PDF, 290 kB, Datei ist nicht barrierefrei)
Der REACH-CLP-Helpdesk ist ein Informationsangebot der BAuA und steht Ihnen bei Anfragen zum Chemikalienrecht zur Verfügung.
Weitere Vollzugshinweise/Informationen
Vollzugshinweise zur abfallrechtlichen Einstufung von mit Kühlschmierstoffen verunreinigten Metallspänen (LAGA, April 2018)
Download (PDF; 117 KB; nicht barrierefrei)Der Leitfaden beschreibt unter anderem die Definition und abfallrechtliche Einstufung von teerhaltigem Straßenaufbruch. (LUBW, Mai 2018)
Download (PDF; 147 KB; nicht barrierefrei)Die Handlungshilfe unterstützt bei der abfallrechtlichen Einstufung von Gleisschotter gemäß der Abfallverzeichnisverordnung (AVV). (LUBW, März 2008).
Download (PDF; 147 KB; nicht barrierefrei)