Projektübersicht KLIMOPASS

null Exotische Gehölze und Diversität der Ektomykorrhiza-Pilze im urbanen Grünflächenbereich

Exotische Gehölze und Diversität der Ektomykorrhiza-Pilze im urbanen Grünflächenbereich

Projektnummer Datum Organisation Kontakt Bericht
4500412039 Dezember 2017 Staatliches Museum für Naturkunde Karlsruhe Markus Scholler PDF

Beschreibung

Bild

Fragestellung: Der Klimawandel verbunden mit einem wärmeren und trockeneren Stadtklima erfordert die Pflanzung südlicher exotischer Baumarten mit guter „Klimaprognose“. Günstig wären aus Sicht des Artenschutzes, wenn diese Bäume auch Ektomykorrhiza-Symbiosen mit heimischen Pilzarten eingehen und damit deren Erhalt sichern könnten. Ektomykorrhiza-Pilze sind Großpilze, die mit Bäumen eine Symbiose durch Stoffaustausch zum beidseitigen Vorteil eingehen. Zu ihnen gehören viele Speise- (Pfifferling, Steinpilz, Sommertrüffel) und Giftpilze (Grüner Knollenblätterpilz, Orangefuchsiger Schleierling).  Im Stadtgebiet von Karlsruhe konnte seit 1903 ein erheblicher Artenrückgang konstatiert werden. Die Ursachen für den Rückgang sind vor allem Stickstoffanreicherung, das vorzeitige Fällen der Bäume und, das gilt vor allem für den urbanen Bereich, die Pflanzung exotischer Baumarten, die keine oder nur ausnahmsweise Ektomykorrhiza-Symbiosen mit heimischen Pilzen bilden (z. B. Platane, Robinie, Rosskastanie).

In dem Forschungsvorhaben wurden sechs exotische Testbaumarten, die reichlich im Stadtgebiet gepflanzt wurden, auf ihre Ektomykorrhizapilzfrequenz hin untersucht: Baumhasel (Corylus colurna), Silber-Linde (Tilia tomentosa), Zerr-Eiche(Quercis cerris), Ungarische Eiche (Q. frainetto), Sumpf-Eiche (Q. palustris) und Rot-Eiche (Q. rubra). In zehn Begehungen wurden über einen Zeitraum von 15 Monaten die Arten anhand der Fruchtkörper quantitativ und qualitativ dokumentiert.

Ergebnis: Die Gesamtzahl der Pilzarten betrug 129 verteilt auf 614 Funde, wobei die der Kontrollbäume mit 103 Arten (372 Funde) die der Testbäume mit 76 Arten (242 Funde) übersteigt. 60 Arten (46,5 %) kommen bei beiden Gruppen vor. Die Anzahl der Pilzarten sind bei den Testarten Quercus frainetto, Q. palustris und Q. rubra deutlich geringer als bei den Kontrollarten. Bei den anderen Testbäumen ist die Pilzartenzahl hingegen wenig geringer (Corylus colurna), identisch (Tilia tomentosa) oder sogar höher (Q. cerris). Ähnlich verhält es sich bei der Anzahl der Pilzfunde. Hier weist T. tomentosa mehr Funde, Q. cerris nur etwas weniger als die Kontrolle auf. Führend ist bei der absoluten Zahl der Arten und Funde jedoch Q. cerris (39 bzw. 77), Quercus frainetto (16 bzw. 23) weist die geringste Zahl an Ektomykorrhiza-Pilzen auf. Mehrere der gefundenen Arten gelten deutschlandweit als gefährdete Rote-Liste-Arten oder galten sogar als verschollen. Eine Rißpilz-Art bei Zerr-Eiche wird als eine für die Wissenschaft neue Art, Inocybe strickeriana sp. nov., neu beschrieben. Wohl keine der Baumarten führt zu einem ökologischen Ungleichgewicht in Bezug auf die Pilzflora. Es wurden lediglich zwei Arten, der Zwiebel-Kartoffelbovist (Scleroderma citrinum) als Symbiose-Partner heimischer und exotischer Eichen und die Trüffel Hymenogaster pruinatus, die mit der exotischen Zerr-Eiche assoziiert ist als Neomyceten eingestuft.

Im zweiten Teil des Projekts wurden die Ektomykorrhiza-Bäume im Stadtgebiet von Karlsruhe und ihre Pilzpartner zusammengestellt. Die Auswertung ergab 299 Ektomykorrhiza-Pilzarten, darunter 268 Agaricomycotina (Ständerpilze) und 31 Ascomycotina (Schlauchpilze). 115 der 187 in Karlsruhe vorkommenden Baumarten können lt. Literatur in Mitteleuropa und damit auch in Karlsruhe Ektomykorrhiza-Beziehungen eingehen. Tatsächlich nachgewiesen wurden 38 Baumarten Ektomykorrhiza-Symbiosen für Karlsruhe.

Fazit:  Die Zusammenstellung gibt eine wichtige Hilfestellung bei der Auswahl von Bäumen für öffentliche Einrichtungen mit Grünanlagen, für Unternehmen mit großen Parkplätzen etc. und schließlich für Privatgartenbesitzer. Das Thema fand in der Öffentlichkeit große Aufmerksamkeit. Im Rahmen des Projekts wurden zahlreiche wissenschaftliche und populäre Vorträge gehalten und ständiger Kontakt zum Gartenbauamt Karlsruhe gehalten.