Erschütterungen

Unter den Begriffen Erschütterungen oder Vibrationen werden im technischen Sinn alle Arten mechanischer Schwingungen in festen Körpern verstanden. Erschütterungsimmissionen sind durch technische Vorgänge an einem bestimmten Ort auftretende Vibrationen, etwa in einem Wohngebäude. Sie wirken auf das Gebäude und auf Menschen ein, die sich darin aufhalten. Erschütterungen können je nach Stärke Menschen belästigen oder Sachschäden verursachen.

Wie nehmen wir Erschütterungen wahr?

Wirkt eine Erschütterungsquelle auf ein Gebäude ein, werden seine Bauteile – insbesondere der Fußboden – zu Schwingungen angeregt. Diese übertragen sich dann auch auf Menschen, die sich darin aufhalten. Die Übertragung erfolgt entweder direkt über die Beine oder indirekt über Stühle, Tische oder das Bett. Ob diese Einwirkungen als Vibrationen wahrgenommen werden oder nicht, hängt von unterschiedlichen Faktoren ab. Erschütterungsreize verarbeitet der Körper anders als Schall- oder Lichteinwirkungen, für deren Empfang und Verarbeitung wir spezielle Sinnesorgane besitzen. Verschiedene, über den ganzen Körper verteilte unspezifische Rezeptoren nehmen die Schwingungen auf und leiten sie weiter.

Grundsätzlich wird die Wahrnehmbarkeit von Erschütterungen beeinflusst durch:

  • die Intensität der Erschütterungen,
  • deren Frequenzzusammensetzung,
  • die Einwirkungsrichtung in Bezug auf die Körperachse (Wirbelsäule),
  • die Dauer der Einwirkung,
  • die individuelle Empfindlichkeit des betroffenen Menschen.

Warum wirken Erschütterungen belästigend?

Schall- und Lichtreize sind für den Menschen zur Orientierung und Kommunikation in weiten Grenzen notwendig, wir haben uns daran gewöhnt. Von außen einwirkende Erschütterungen sind dagegen entwicklungsgeschichtlich ungewohnt oder außergewöhnlich. In vielen Fällen sind sie mit potenziellen Gefahren verbunden – denken wir nur an ein Erdbeben.

Daher empfinden wir fremderzeugte Schwingungen grundsätzlich als irritierend. Treten sie im Wohnbereich auf, finden viele Menschen sie bereits dann als erheblich störend, sobald sie wahrnehmbar sind.

Der Grad der individuellen Belästigung durch Erschütterungseinwirkungen hängt ab von objektivierbaren Schwingungskenngrößen, von individuellen Faktoren und von weiteren, oft unvermeidbaren Begleiterscheinungen, den sogenannten Sekundäreffekten.

Objektivierbare Kenngrößen sind:

  • die Stärke der Schwingungseinwirkung; diese wird beschrieben durch die sogenannte „Bewertete Schwingstärke“ (KB), siehe Link am Ende dieser Seite),
  • die Einwirkungsdauer, die Häufigkeit und die Tageszeit des Auftretens,
  • die Umgebungssituation und die Ortsüblichkeit (Wohnung, Verkehrsmittel, Arbeitsplatz).

Individuelle Faktoren beim Betroffenen:

  • Persönliche Wahrnehmungsschwelle für Schwingungen,
  • Art der Tätigkeit während der Einwirkung,
  • Gesundheitszustand (physisch, psychisch),
  • Gewöhnung oder Sensibilisierung,
  • Einstellung zum Verursacher,
  • Einschätzung der Vermeidbarkeit bzw. Notwendigkeit der Einwirkung.

In der Wohnumgebung wirkt eine unübliche Einwirkung von Schwingungen stets störend. Dagegen werden z. B. beim Fahren im Auto oder während der Handhabung vibrierender Geräte wie etwa einer Bohrmaschine selbst hohe Einwirkungen nicht als erhebliche Belästigung empfunden. Dies ist ähnlich wie bei lauten Geräuschen, die man selbst erzeugt. Sobald man Schwingungen lediglich ausgesetzt ist, ohne sie kontrollieren zu können, tritt eine Sensibilisierung ein. Auch die Notwendigkeit spielt eine Rolle: Einwirkungen von einer vorübergehenden Baustelle werden eher akzeptiert als solche, die z. B. von einer unwuchtigen Waschmaschine des Wohnnachbarn ausgehen.

Durch Schwingungen verursachte Sekundäreffekte sind:

  • optisch wahrnehmbare Schwingungen von Gegenständen im Wohnbereich wie etwa Pflanzen, Lampen oder Spiegel,
  • die Anregung hörbaren tieffrequenten Luftschalls durch schwingende Bauteile,
  • das Auftreten zusätzlicher Geräusche, etwa Klappern einer Tür oder Klirren von Gläsern.

Ob und ab welcher Stärke eine Erschütterungseinwirkung als Belästigung wahrgenommen wird, hängt also in komplexer Weise von vielen Faktoren ab. Die Erfahrung zeigt, dass im Wohnumfeld geringste, gerade wahrnehmbare Einwirkungen als erheblich belästigend gewertet werden, wenn sie täglich über längere Zeit auftreten. Daher ist in Wohnungen die vollständige Vermeidung fühlbarer Erschütterungen anzustreben.

Wie wird die Wahrnehmbarkeit von Erschütterungen erfasst?

Die Wahrnehmbarkeit von Erschütterungen hängt neben ihrer Intensität auch von der Frequenz und der Einwirkungsrichtung ab. Diese Einflüsse wurden für Sinusschwingungen in Laborversuchen untersucht. Daraus wurden vereinfachte mittlere Kurven für die Frequenzabhängigkeit abgeleitet und genormt, die als Grundlage für die messtechnische Frequenzbewertung dienen. Ergebnis ist eine der Schwingungswahrnehmung entsprechende Messgröße: Die bewertete Schwingstärke (Abkürzung KB).

Durch Messung der bewerteten Schwingstärke lässt sich die Wahrnehmbarkeit von Erschütterungen für die überwiegende Zahl der Betroffenen objektiv ermitteln. Als Unsicherheitsfaktor bleibt die individuell unterschiedliche Wahrnehmungsempfindlichkeit einzelner Menschen.

Weitere Informationen:

Expertenwissen zur Beurteilung von Erschütterungsimmissionen (pdf)