Auf dem Banner ist links ein Piktogramm des Bodensees dargestellt und rechts der Bodensee und die Schweizer Berge mit Säntis

Bodensee

Karte mit dem Einzugsgebiet des Bodensees
Der Bodensee ist mit 536 kmder zweitgrößte Alpensee Europas. Er gliedert sich in den größeren und tieferen Obersee mit Überlinger See sowie den flacheren Untersee mit den Seeteilen Zellersee, Gnadensee und Rheinsee. Verbunden werden Ober- und Untersee über den Seerhein bei Konstanz. Die beiden größten Zuflüsse sind der Alpenrhein und die Bregenzerach, der Abfluss befindet sich bei Stein am Rhein.

Das 11500 km2 große Einzugsgebiet liegt zum größten Teil in den Alpen und erstreckt sich bis an die Grenze von Italien. Der saisonale Wasserstandsverlauf des Bodensees wird durch das alpine Einzugsgebiet geprägt: Im Winter (Februar) sind die Wasserstände am niedrigsten, weil der Niederschlag als Schnee und Eis festgehalten wird. Im Sommer (Juni/ Juli) werden die höchsten Wasserstände erreicht, wenn Schnee und Eis abgeschmolzen sind. Da der Wasserstand des Bodensees nicht reguliert ist, schwankt er natürlicherweise um ca. 1,5 m im Jahr.       

Der See ist natürlicherweise monomiktisch mit einer vertikalen Frühjahrszirkulation. In den Sommermonaten tritt regelmäßig eine lang anhaltende Schichtung auf. In den letzten Jahren wurde vermehrt das Ausbleiben der Vollzirkulation beobachtet. In den Wintermonaten kann die Sichttiefe Werte von 10-15m und während des Sommers 5 m erreichen.

 (Zum Vergrößern bitte Bild anklicken)      

Das Wasser ist leicht basisch. Die Nährstoffkonzentrationen sind in dem für diesen Seentyp zu erwartenden oligotrophen Bereich (Phosphor 6-7 µg/L). Die langjährige mittlere Calciumkonzentration liegt bei 1,2 mmol/L (48 mg/L).

Karte mit den 14 Bodenseezuflüssen Rhein, Dornbirnerach, Bregenzerach, Leiblach, Argen, Schussen, Rotach, Seefelder Aach, Stockacher Aach, Radolfzeller Aach, Salmsacher Aach, Steinach, Goldach und Alter Rhein

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

        

Mitte der fünfziger Jahre des letzten Jahrhunderts begann die Phosphorkonzentration und mit ihr die pflanzliche Produktion im See stark zuzunehmen (Eutrophierung). Ende der siebziger Jahre wurden Konzentrationen von über 80 µg/L gemessen. Vor allem der mit den höheren Biomassen einhergehende intensivere Abbau führte zeitweise zu Sauerstoffmangelsituationen am Seegrund mit Werten, die deutlich unter 5 mg/L lagen. Sauerstoff am Seeboden ist eine wichtige Voraussetzung für höheres Leben am Seegrund.

Um der Eutrophierung und deren negativen Folgen entgegenzuwirken, wurde im gesamten Einzugsgebiet mit dem Ausbau der Kläranlagen begonnen. Ab den achtziger Jahren konnte ein Rückgang der Phosphorkonzentrationen (Reoligotrophierung) im Bodensee beobachtet werden. Heute liegen die Phosphorkonzentrationen mit Werten um die 6-7µg/L wieder in einem typischen Bereich.

Die Lebensgemeinschaften des Bodensees veränderten sich im Zuge der Eutrophierung und der darauf folgenden Reoligotrophierung zum Teil erheblich. Heute entsprechen sie wieder weitgehend dem Typ nährstoffarmer, tiefer Alpenseen.

Beispiel Phytoplankton:

Das Bild zeigt eine Grafik mit der relativen Häufigkeit von Kieselalgen in den Jahren 1840 - 2000.

Mit der Zunahme der Nährstoffe stieg die Gesamt-Algenbiomasse an und es kam zu Algenblüten. Trotz deutlicher Phosphatreduktion in den 1980er Jahren verharrte die Gesamtbiomasse noch etwa 10 Jahre auf gleichbleibend hohem Niveau (ca. 1 mg/L), obwohl der Phosphatgehalt stetig abnahm. Die Abnahme der Biomasse in einzelnen Algenklassen wurde durch die Zunahme der Biomasse in anderen Algenklassen kompensiert. Dieser Hysterese-Effekt (Fortdauer einer Wirkung bei Wegfall der Ursache) ist in der Natur häufig zu beobachten. Heute liegt die Gesamtbiomasse wie Ende der 1950er Jahre bei ca. 0,5 mg/L. Die Veränderungen in den Nährstoffverhältnissen zeigen sich auch in der Artenzusammensetzung (s. Abb.). Während mit zunehmender Eutrophierung die Kieselalgen der Gattung Cyclotella zurückgingen, traten verbreitet Arten der Gattung Stephanodiscus auf. Im Zuge der Reoligotrophierung übernahmen die Cyclotella-Arten wieder die Vorherrschaft, die typischerweise in einem oligotrophen See zu finden sind.

 

Beispiel Zooplankton:

Für das herbivore Zooplankton war mit dem Anstieg der Mikroskopische Aufnahme des Zooplanktons Diaphanosoma brachyurumPhytoplanktonbiomasse der Tisch reich gedeckt, so dass auch das Zooplankton zahlenmäßig zunahm. Für einige Arten wie Bosmina sp. und Daphnia galeata, die erst in den 1970er Jahren in den Bodensee eingewandert sind, zeigte sich eine enge Kopplung an die Trophieverhältnisse. Andere Arten verschwanden, z.B. wurde Diaphanosoma brachyurum 1962 im Plankton nicht mehr nachgewiesen. Erst seit dem Jahr 2001 findet man die Art wieder regelmäßig in den Planktonproben.

Foto: Diaphanosoma brachyurum unter dem Mikroskop.

 

Da das Zooplankton die Hauptnahrungsgrundlage für zahlreiche Fischarten ist, änderten sich im Zuge der Eutrophierung auch die Fischbestände im Bodensee. Vor allem der Barsch stellte zur Zeit des eutrophierten Sees seine ursprüngliche Nahrung von Fischen und Zoobenthos weitgehend auf Zooplankton um. Heute, bei verringerten Zooplanktondichten ernähren sich bereits junge Barsche zunehmend von kleinen Fischen. Auch Felchen profitierten von der hohen Zooplanktondichte. Sie wuchsen so schnell, dass sie gefangen wurden, bevor sie zum ersten Mal abgelaicht hatten und damit für Nachwuchs sorgen konnten. Die Bestände brachen daher zunächst ein. Man erhöhte die Maschenweiten der Fischernetze und die Felchenbestände konnten sich wieder erholen. Im Zuge der Reoligotrophierung gehen die Fangzahlen bei den Felchen wieder zurück, aufgrund der verbesserten Wasserqualität werden aber z. B. wieder vermehrt Seesaiblinge gefangen.

Beispiel Makrophyten:

Auch die Makrophyten machten einen starken Wandel durch. Luftbild des Eriskircher Ried. Deutlich sichtbar sind die ausgeprägten Wasserpflanzenfelder im Uferbereich.Die für nährstoffarme Verhältnisse typischen Armleuchteralgen (Characeen) gingen zurück und wurden von Laichkräutern verdrängt. Vor allem das kammförmige Laichkraut (Potamogeton pectinatus) breitete sich sehr stark aus und bildete in der Flachwasserzone riesige Felder. In Strandbädern wurden die im Volksmund als „Schlingpflanzen“ bezeichneten Laichkräuter durch die „Seekuh“ entfernt, um Panik bei den Badenden zu vermeiden. Aufgrund des sauberen und klaren Wassers können sich heute die unterseeischen Wiesen mit Armleuchteralgen wieder bis über die Haldenkante ausbreiten. Sie stabilisieren den Seeboden, sind wichtige Strukturelemente in der Flachwasserzone und dienen als Habitat für zahlreiche andere Pflanzen und Tiere, z.B. Kieselalgen, Jungfische, Schnecken und Insektenlarven.

 


Foto: Wasserpflanzenfelder vor dem Eriskircher Ried (Luftaufnahme 1967).
 

Mitte der 1960er Jahre wurde im Bodensee erstmals eine neue Muschelart gefunden – die Zebramuschel Dreissena polymorpha. Sie stammt ursprünglich aus dem pontokaspischen Raum. Im Gegensatz zu unseren heimischen Muschelarten hat Dreissena eine frei schwimmende Larve und konnte sich dadurch sehr schnell im gesamten Bodensee verbreiten. Es kam zunächst zur Massenentwicklung – heute hat sich der Bestand auf hohem Niveau stabilisiert und stellt eine wichtige Nahrungsquelle für Wasservögel dar.

Seit 2004 findet am Bodenseeufer ein regelmäßiges Neozoen-Monitoring statt. Damit konnte die Ausbreitung einiger Arten dokumentiert werden. Der Höckerflohkrebs Dikerogammarus villosus wurde 2002 erstmalig am Nordufer des Bodensees entdeckt. Die Ausbreitung ging rasant weiter. Heute ist die Art am gesamten Bodenseeufer zu finden und verdrängt zunehmend heimische Flohkrebsarten. 2003 wurde die asiatische Körbchenmuschel Corbicula fluminea gefunden, seit 2006 „bereichert“ die Donau-Schwebegarnele Limnomysis benedeni das Plankton im Bodensee. 2010 kam mit Katamysis warpachowskyi eine weitere Garnelenart hinzu. Die Liste der Neozoen wird immer länger und mit Donauassel, Schlickkrebs und Süßwasserborstenwurm stehen einige Neubürger bereits vor der Tür. Wanderboote, Wassersportausrüstung sowie Aquarianer bilden mögliche Einschleppungswege. Die Auswirkungen auf das Ökosystem Bodensee werden weiter beobachtet und erforscht.

Auch bei den Wasserpflanzen kamen neue Pflanzen hinzu, wie z.B. Nuttalls Wasserpest (Elodea nuttallii). Diese Pflanze ist seit Beginn der 1980er Jahre im Bodensee nachgewiesen und wurde vermutlich über Aquarianer eingeschleppt. Wie der Name vermuten lässt, wächst die Art sehr schnell und bildet große Bestände. Im Zuge der Reoligotrophierung scheint die Art jedoch wieder rückläufig zu sein.

Es gibt aber auch noch Arten, die ein Relikt aus der Eiszeit sind, und nur am Bodensee (und Starnberger See) vorkommen. Dazu zählt das Bodensee-Vergissmeinnicht Myosotis rehsteineri. Es ist Bestandteil der sogenannten Strandlingsgesellschaft und ein typischer Bewohner nährstoffarmer Kiesufer. Im Zuge der Eutrophierung wäre die Art beinahe ausgestorben. Inzwischen erholen sich die Bestände wieder.

  vier Fotografien von links nach rechts: Körbchenmuschel, Schwebgarnele, Wasserpest und Bodenseevergissmeinnicht

Fotos: Neulinge: Körbchenmuschel (links); Schwebegarnele Katamysis warpachowskyi (2. v. links); Wasserpest (2. v. rechts) und das endemische Bodenseevergissmeinnicht (rechts).

 

Lange Zeit war das direkte Bodenseeufer eine unwirtliche Region, geprägt von Überschwemmungen im Frühsommer, wenn der Wasserstand durch die Schneeschmelze anstieg. Je nach Steilheit der Ufer waren die überschwemmten Flächen mehr oder weniger groß. Am Bodensee sind etwa drei Viertel des Ufers „mittelsteil“ und eignen sich daher am besten zur Besiedlung. Bild einer stattlichen alten Villa am bayerischen BodenseeuferDie erste größere Siedlungswelle direkt am Bodenseeufer fand ab Mitte des 19. Jahrhunderts zwischen Wasserburg und Lindau statt, als reiche bayerische Kaufleute sich als Statussymbol eine Villa am See bauten. Zum Schutz vor Hochwasser wurden die Grundstücke mit Mauern befestigt.

Foto: Villa am bayerischen Bodenseeufer.

Der Siedlungsdruck auf das Bodenseeufer wurde immer größer. Besonders nach dem 2. Weltkrieg nahm die Bevölkerung und damit auch die Beanspruchung von Siedlungsflächen stark zu. Mauern und massive Blockböschungen ermöglichten den Schutz vor Hochwasser. Etwa die Hälfte des gesamten Bodenseeufers wurde in ein Korsett aus Mauern und Steinen gezwängt. Natürliche Uferabschnitte sind häufig nur noch in den großen Naturschutzgebieten Rheindelta, Eriskircher Ried und am Untersee im Wollmatinger Ried zu finden.

Bereits seit den 1980er Jahren werden unter großem Aufwand, verbaute Uferbereiche wieder in einen natürlicheren Zustand gebracht. Die Internationale Gewässerschutzkommission für den Bodensee IGKB hat hierzu ein Aktionsprogramm „Ufer- und Flachwasserzone“ ins Leben gerufen und eine Uferbewertung sowie einen Renaturierungsleitfaden erarbeitet.

 

Drei Fotografien des Bodenseeufer bei Friedrichshafen: links: betoniertes Ufer vor der Renaturierung; Mitte: während der Renaturierung; rechts: renaturiertes Ufer mit Grünstreifen

Fotos: Friedrichshafen vor (links), während (Mitte) und nach (rechts) der Renaturierung.