null Bodensee-Vergißmeinnicht - Myosotis rehsteineri F. B. Wartmann 1884

B.Schall
H.Zelesny
H.Zelesny

 

Das Bodensee-Vergissmeinnicht gilt als Relikt aus der Nacheiszeit, als die Gletscherseen durch alljährlich wiederkehrende Überflutungen infolge von Schmelzwasserzufuhr geprägt waren. Am baden-württembergischen Bodenseeufer befinden sich die weltweit größten Bestände, wodurch dem Land eine besondere Verantwortung für den Arterhalt zukommt. Die Art besitzt - wie auch das ähnliche Sumpf-Vergissmeinnicht - himmelblaue Blüten und bildet niedrige, bis 10 cm hohe Rasen von bis zu 30 cm Durchmesser. 
Wuchshöhe: max. 10 cm
Blütezeit: April bis Mai
Lebensdauer: mehrjährig
Das Bodensee-Vergissmeinnicht besiedelt sandig-kiesige, relativ nährstoffarme Ufer des Bodensees. Die besiedelten Ufer werden in der Zeit zwischen April und Oktober etwa zwei bis sechs Monate lang überflutet, da der Wasserstand des Sees durch Schmelzwasserzufuhr ansteigt. Die Art ist auf diese Wasserstandsschwankungen angewiesen, da sie ansonsten von konkurrenzstärkeren Pflanzen durch Verbuschung bzw. Wiederbewaldung verdrängt wird.
Das Bodensee-Vergissmeinnicht blüht im zeitigen Frühjahr, bevor die Uferbereiche des Bodensees überschwemmt werden. Auch wenn die Art in der Regel von den Überflutungen profitiert, so können zu frühe oder zu lange andauernde Überflutungen die Samenbildung und -reife beeinträchtigen, so dass in manchen Jahren nur eine vegetative Vermehrung durch Ausbildung kurzer Ausläufer erfolgt. Die Art erträgt das Trockenfallen im Winter, nimmt jedoch Schaden bei sommerlicher Trockenheit. Standorte an Uferbereichen mit Quellaustritten sind deshalb günstiger, da dort ein Ausbleiben der sommerlichen Überflutung unbeschadet überstanden werden kann.

Gesamtverbreitung
Die Vorkommen des Bodensee-Vergissmeinnichts sind heutzutage auf Uferbereiche des Bodensees und des Starnberger Sees sowie auf Abschnitte des Flusses Ticino in Norditalien beschränkt. Am Bodensee gibt es Vorkommen der Art auf dem Gebiet aller Anrainerstaaten. Das Vorkommen am Starnberger See ist vermutlich auf Verschleppung durch den Menschen oder durch Vögel zurückzuführen. Früher gab es auch Fundorte am Genfer See, am Lago Maggiore, am Luganer See und eventuell an weiteren Seen. Nicht in allen Fällen ist geklärt, ob es sich bei den Beständen tatsächlich um Myosotis rehsteineri handelte.

Verbreitung in Baden-Württemberg
Die Vorkommen der Art in Baden-Württemberg beschränken sich auf Uferbereiche des Bodensees. Früher kam die Art auch an einigen Stellen am Hochrhein vor.

Bestandsentwicklung in Baden-Württemberg
Nach der für die Art verheerenden Eutrophierungsphase des Bodensees in den 1970er- und 1980er Jahren haben sich die Bestände durch verbesserte Wasserqualität, Uferrenaturierungen, Abtrag von Schwemmgut und Besucherlenkungsmaßnahmen deutlich erholt. Der Zustand der Bestände wird als insgesamt günstig eingeschätzt, obwohl starke Populationsschwankungen durch extreme Hoch- und Niedrigwasserereignisse eine exakte Einschätzung erschweren.

Rote Liste Schutzstatus Verordnungen und Richtlinien
BW D BNatSchG EG-VO 338/97
Anhang
FFH-Richtlinie
Anhang
BArtSchV
1
vom Aussterben bedroht
1
vom Aussterben bedroht
besonders
geschützt
streng
geschützt
- II IV - - -


Gefährdungsursachen
  • Regelmäßige Freizeitaktivitäten (z.B. intensiver Badebetrieb, Windsurfen, Seezugänge)
  • Veränderung des Wasserhaushaltes, Nivellierung der Wasserstände
  • Veränderung der Uferstruktur (z.B. Veränderung der Flachwasserzonen, Trittbelastung)
  • Einbringen von Gehölzen
  • Ablagerungen jeglicher Art
  • Nährstoff-, Pflanzenschutzmittel- und Schadstoffeintrag (z.B. direkt aus angrenzenden landwirtschaftlich genutzten Flächen, über das Oberflächenwasser, aus Drainagen sowie aus Siedlungsgebieten)

Schutzmaßnahmen
  • Vorkommensspezifische Erhaltungsmaßnahmen entsprechend den Angaben für den jeweiligen Standort aus dem "Arten- und Biotopschutzprogramm Baden-Württemberg Farn- und Blütenpflanzen"
  • Mahd
  • Entfernen von Schwemmgut
  • Extensivierung der Nutzungen im Uferbereich
  • Besucherlenkungsmaßnahmen

Schutzprojekte
  • Umsetzung der FFH-Richtlinie
  • Arten- und Biotopschutzprogramm Baden-Württemberg

Die FFH-Richtlinie ist eine Naturschutz-Richtlinie der EU, deren Namen sich von Fauna (= Tiere), Flora (= Pflanzen) und Habitat (= Lebensraum) ableitet. Wesentliches Ziel dieser Richtlinie ist die Erhaltung der Biologischen Vielfalt durch den Aufbau eines Schutzgebietssystems. Neben der Ausweisung von Schutzgebieten (FFH-Gebieten) für Arten des Anhangs II wird der Erhaltungszustand dieser und der Arten des Anhangs IV und V überwacht.

FFH-Gebiete
Eine Karte der FFH-Gebiete mit Vorkommen des Bodensee-Vergißmeinnicht und weitere Informationen zu den Gebieten erhalten Sie im Daten- und Kartendienst der LUBW.


Erhaltungszustand

  Verbreitungsgebiet Population Habitat Zukunftsaussichten
Einzelbewertung günstig günstig günstig günstig
Gesamtbewertung günstig

Stand: 2019

Erhaltungszustand aller FFH-Arten in Baden-Württemberg (pdf; 0,3 MB) 

Beeinträchtigung, Erhaltungs- und Entwicklungsmaßnahmen (pdf; 2,0 MB)

Zusammenfassung (pdf)