Infraschall

Neben dem Hörschall erzeugen Windkraftanlagen durch die Umströmung der rotierenden Flügel auch tieffrequente Geräusche bzw. Infraschall, also extrem tiefe Töne. Für diese Geräuschanteile ist das Gehör sehr unempfindlich. Dennoch werden im Rahmen des Windenergieausbaus immer wieder Befürchtungen geäußert, dass dieser Infraschall Menschen beeinträchtigen oder ihre Gesundheit gefährden könne.

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Schall besteht, einfach gesagt, aus Druckwellen. Bei einer Ausbreitung dieser Druckschwankungen in der Luft spricht man von Luftschall. Der Hörsinn des Menschen ist in der Lage, Schall zu erfassen, dessen Frequenz zwischen rund 20 Hertz (Hz) und 20 000 Hz liegt. „Hertz“ ist die Einheit der Frequenz, die Zahl steht für die Schwingungen pro Sekunde. Niedrige Frequenzen entsprechen den tiefen, große den hohen Tönen. Schall unterhalb des Hörbereichs, also mit Frequenzen von weniger als 20 Hz, nennt man Infraschall. Geräusche oberhalb des Hörbereichs, also mit Frequenzen über 20 000 Hz, sind als Ultraschall bekannt. Als tieffrequent bezeichnet man Geräusche, wenn ihre vorherrschenden Anteile im Frequenzbereich unter 100 Hz liegen. Infraschall ist also ein Teil des tieffrequenten Schalls.

Die periodischen Druckschwankungen der Luft breiten sich mit der Schallgeschwindigkeit von rund 340 Metern pro Sekunde aus. Schwingungen niedriger Frequenz haben große, hochfrequente Schwingungen haben kleine Wellenlängen. Beispielsweise beträgt die Wellenlänge eines 20-Hz-Tones in Luft etwa 17,5 m, während einer Frequenz von 20 000 Hz die Wellenlänge 1,75 cm entspricht.

Die Ausbreitung von Infraschall erfolgt nach denselben physikalischen Gesetzen wie bei jeder Art von Luftschall. Eine einzelne Schallquelle wie z. B. der Generator einer Windkraftanlage strahlt Wellen ab, die sich in alle Richtungen kugelförmig ausbreiten. Da sich die Schallenergie dabei auf immer größer werdende Flächen verteilt, nimmt die Schallintensität pro Quadratmeter im umgekehrten Verhältnis ab: Mit zunehmendem Abstand wird es rasch leiser (siehe Grafik). Daneben gibt es den Effekt der Absorption des Schalls durch die Luft. Ein kleiner Teil der Schallenergie wird bei der Wellenausbreitung in Wärme umgewandelt, wodurch eine zusätzliche Dämpfung erfolgt. Diese Luftabsorption ist von der Frequenz abhängig: Tieffrequenter Schall wird wenig, hochfrequenter Schall stärker gedämpft. Im Vergleich überwiegt die Abnahme des Schallpegels mit der Entfernung gegenüber der Luftabsorption deutlich. Eine Besonderheit besteht in der vergleichsweise geringen Dämmung tieffrequenter Schallwellen durch Wände oder Fenster, so dass Einwirkungen auch im Innern von Gebäuden auftreten können.

Ausbreitung des Schalls von einer punktförmigen Quelle.

 

 

 

 

Abbildung: Ausbreitung des Schalls von einer punktförmigen Quelle. Die Stärke des Geräusches nimmt nach rein geometrischen Gesetzmäßigkeiten ab. Bei doppelter Entfernung verteilt sich die Schallenergie auf die vierfache Fläche, bei der dreifachen Entfernung bereits auf die neunfache (siehe das gekennzeichnete Feld „A“ und die Abstandsmarkierungen). Im umgekehrten Verhältnis nimmt die Schallintensität nach außen hin ab.

Infraschall ist ein alltäglicher Bestandteil unserer Umwelt. Er wird von einer großen Zahl unterschiedlicher Quellen erzeugt. Dazu gehören natürliche Quellen wie Wind, Wasserfälle oder Meeresbrandung ebenso wie technische, beispielsweise Heizungs- und Klimaanlagen, Straßen- und Schienenverkehr, Flugzeuge oder Lautsprechersysteme in Diskotheken.

Moderne Windkraftanlagen erzeugen in Abhängigkeit von der Windstärke Geräusche im gesamten Frequenzbereich, also auch tieffrequenten Schall und Infraschall. Dafür verantwortlich sind besonders die am Ende der Rotorblätter entstehenden Wirbelablösungen sowie Verwirbelungen an Kanten, Spalten und Verstrebungen. Die von der Luft umströmten Rotorblätter verursachen ähnliche Geräusche wie die Flügel eines Segelflugzeugs. Die Schallabstrahlung steigt mit zunehmender Windgeschwindigkeit an; oberhalb der Nennleistung bleibt sie konstant. Die spezifischen Infraschallemissionen sind vergleichbar mit denen vieler anderer technischer Anlagen.

Untersuchungen haben ergeben, dass die Infraschallanteile in der Umgebung von Windkraftanlagen unterhalb der Wahrnehmungsschwelle des Menschen liegen. Wie die dunkelgrüne Kurve in obiger Grafik zeigt, wurden in 150 m Entfernung Werte weit unterhalb der Wahrnehmungsschwelle gemessen. Dabei herrschten hohe Windgeschwindigkeiten, durch die auch natürlicher Infraschall erzeugt wird. In 700 m Abstand erhöht sich der Infraschallpegel beim Einschalten nicht mehr nen­nenswert oder nur geringfügig. Innerhalb eines Bürogebäudes liegt der Infraschall nach Messungen der LUBW bei Wind von rund 6 m/s auf ähnlichem Niveau wie die dunkelgrüne Kurve. Viele Alltagsgeräusche enthalten deutlich mehr Infraschall. Die Grafik zeigt als Beispiel das Innengeräusch eines Pkw. Bei Tempo 130 wird der Infraschall sogar hörbar. Mit geöffneten Seitenfenstern empfindet man das Geräusch als unangenehm. Seine Schallintensität ist dann etwa 70 Dezibel – also über 10 000 000-fach – stärker als in der Umgebung einer Windkraftanlage bei kräftigem Wind. Zahlreiche weitere Messungen an Windkraftanlagen und anderen Quellen sind im LUBW-Bericht zum Messprojekt aufgeführt.

Das Bild zeigt die spektrale Verteilung des Schalls zwischen 1 Hz und 100 Hz für verschiedene Situationen.

Abbildung: Infraschall ist allgegenwärtig. Das Bild zeigt die spektrale Verteilung des Schalls zwischen 1 Hz und 100 Hz für verschiedene Situationen. Oben: Im Inneren eines schnell fahrenden Pkw bei geöffneten hinteren Seitenfenstern (hellblau); darunter bei geschlossenen Fenstern (dunkelblau). Die grüne Linie zeigt die Einwirkungen einer Windkraftanlage der Leistungsklasse 2 MW in 150 m Abstand bei einer Windgeschwindigkeit von 6,8 m/s. Die rote Linie markiert die Wahrnehmungsschwelle. Der Infraschall der Anlage liegt am Messort weit unterhalb dieser Schwelle. Datenquelle: LUBW

Die Messung und Beurteilung tieffrequenter Geräusche sind in der Technischen Anleitung zum Schutz gegen Lärm (TA Lärm, Kapitel 7.3 und Anhang A.1.5) sowie in DIN 45680 geregelt. Auf dieser Grundlage lassen sich die Geräuscheinwirkungen sicher ermitteln. Dabei wird der Frequenzbereich von 8 Hz bis 100 Hz berücksichtigt. Maßgeblich für mögliche Belästigungen ist die in der Norm dargestellte Wahrnehmungsschwelle des Menschen. Darüber hinaus wurden bei den Messungen der LUBW auch Frequenzen unterhalb 8 Hz berücksichtigt. Bis herab zu 1,6 Hz liegen Schwellenpegel nach Møller und Pedersen vor. An Immissionsorten wird die Wahrnehmungsschwelle im Bereich des Infraschalls durch Windkraftanlagen bei Weitem nicht erreicht.

Im Bereich des tieffrequenten Schalls unterhalb 100 Hz gibt es einen fließenden Übergang vom Hören, also von den Sinneseindrücken Lautstärke und Tonhöhe, hin zum Fühlen. Hier ändern sich Qualität und Art der Wahrnehmung. Die Tonhöhenempfindung nimmt ab und entfällt beim Infraschall ganz. Generell gilt: Je niedriger die Frequenz, desto höher muss die Schallintensität sein, damit das Geräusch überhaupt gehört wird. Tieffrequente Einwirkungen hoher Intensität, wie z. B. das oben dargestellte Pkw-Innengeräusch, werden häufig als Ohrendruck und Vibrationen wahrgenommen. Bei dauerhafter Einwirkung solch hoher Schallpegel können Dröhn-, Schwingungs- oder Druckgefühle im Kopf entstehen.

Neben dem Hörsinn sind auch andere Sinnesorgane für tieffrequenten Schall empfindlich. So vermitteln etwa die Sinneszellen der Haut Druck- und Vibrationsreize. Infraschall kann auch auf die im Körper vorhandenen Hohlräume wie Lunge, Nasennebenhöhlen und Mittelohr wirken. Infraschall sehr hoher Intensität hat eine maskierende Wirkung für den mittleren und unteren Hörbereich. Das bedeutet: Bei sehr starkem Infraschall ist das Gehör nicht in der Lage, gleichzeitig leise Töne in diesem höher gelegenen Frequenzbereich wahrzunehmen.

Laboruntersuchungen über Einwirkungen durch Infraschall weisen nach, dass hohe Intensitäten oberhalb der Wahrnehmungsschwelle ermüdend und konzentrationsmindernd wirken und die Leistungsfähigkeit beeinflussen können. Die am besten nachgewiesene Reaktion des Körpers ist zunehmende Müdigkeit nach mehrstündiger Exposition. Auch das Gleichgewichtssystem kann beeinträchtigt werden. Manche Versuchspersonen verspürten Unsicherheits- und Angstgefühle, bei anderen war die Atemfrequenz herabgesetzt.

Weiterhin tritt, wie auch beim Hörschall, bei sehr hoher Schallintensität vorübergehend Schwerhörigkeit auf – ein Effekt, wie er z. B. von Diskothekenbesuchen bekannt ist. Bei langfristiger Einwirkung von starkem Infraschall können auch dauerhafte Hörschäden auftreten. Die im Umfeld von Windkraftanlagen auftretenden Pegel tieffrequenten Schalls sind von solchen Wirkungseffekten aber weit entfernt. Da die Hörschwelle deutlich unterschritten wird, sind Belästigungseffekte durch Infraschall nicht zu erwarten. Für sonstige Effekte, über die gelegentlich berichtet wird, gibt es bislang keine abgesicherten wissenschaftlichen Belege. Nach Auffassung des Umweltbundesamtes und der Länderarbeitsgruppe Umweltbezogener Gesundheitsschutz (LAUG) sind nach derzeitigem Stand des Wissens keine gesundheitlichen Beeinträchtigungen durch Infraschall von Windkraftanlagen zu erwarten.

Infraschall und tieffrequente Geräusche sind alltäglicher Bestandteil unserer technischen und natürlichen Umwelt. Verglichen mit anderen technischen und natürlichen Quellen ist der von Windkraftanlagen hervorgerufene Infraschall gering. Bereits in 150 m Abstand liegt er deutlich unterhalb der Wahrnehmungsgrenzen des Menschen, in üblichen Abständen der Wohnbebauung entsprechend noch weiter darunter. Gesundheitliche Wirkungen von Infraschall unterhalb der Wahrnehmungsgrenzen sind wissenschaftlich nicht nachgewiesen. Gemeinsam mit den Gesundheitsbehörden kommen wir in Baden-Württemberg zu dem Schluss, dass nachteilige Auswirkungen durch Infraschall von Windkraftanlagen nach den vorliegenden Erkenntnissen nicht zu erwarten sind.

Windenergieanlage hinter Wohnbebauung


Abbildung: Auf ein verträgliches Nebeneinander von Windenergieanlagen und Wohngebäuden muss geachtet werden. Die Landesregierung empfiehlt für die Regionalplanung und die Flächennutzungsplanung einen Vorsorgeabstand von 700 m zwischen Windenergieanlagen und Wohngebieten vor. Abweichend davon können sich in der Einzelfallbetrachtung deutlich höhere, aber auch niedrigere Abstände ergeben.

Infraschallmessprojekt der LUBW

In einem Messprojekt erfasste die LUBW zwischen 2013 und 2015 tieffrequente Geräusche und Infraschall in der Umgebung von Windkraftanlagen und anderen Quellen. Die Messungen erfolgten an sechs Anlagen unterschiedlicher Hersteller. Für einen Vergleich mit anderen Quellen natürlichen und technischen Ursprungs wurden zusätzlich Umweltgeräusche in der Stadt sowie auf freiem Feld gemessen.

Die wichtigsten Ergebnisse des Infraschall-Messprojekts sind in allgemein verständlicher Form in einem Faltblatt zusammengefasst. Der umfangreichere Messbericht enthält ausführliche Informationen zum Messprojekt. Beide Dokumente sind jeweils auch in englischer Sprache verfügbar:

Faltblatt (deutsch)

Faltblatt (englisch)

Messbericht (deutsch)

Messbericht (englisch)

FAQ zum Messbericht Infraschall

Die LUBW hat Fragen zum Messbericht „Tieffrequente Geräusche inkl. Infraschall von Windkraftanlagen und anderen Quellen“ und Behauptungen zum Thema Infraschall gesammelt. Auf diesen weiteren Internetseiten geben wir in allgemein verständlicher Form Antwort und stellen Sachverhalte klar.