FFH-Lebensraumtyp 6210* - Kalk-Magerrasen (orchideenreiche Bestände*)

LRT 6210 Kalk-Magerrasen im NSG Hohentwiel

Trocken- und Halbtrockenrasen weisen eine an trockene, nährstoffarme und basenreiche Standorte angepasste Vegetation auf. Halbtrockenrasen entstehen dabei insbesondere durch extensive Beweidung oder Mahd. Sie zeichnen sich oft durch Orchideenreichtum aus, verbuschen jedoch nach Nutzungsaufgabe rasch und erfordern somit Pflegemaßnahmen. Prioritäre Kalk-Magerrasen im Sinne der FFH-Richtlinie sind „besonders orchideenreiche Bestände", wenn eines o. mehrere der folgenden Kriterien gegeben sind:

  • Gebiet hat hohen Artenreichtum an Orchideen
  • Gebiet hat eine große (bedeutende) Population mind. einer bundesweit seltenen bzw. gefährdeten Orchideenart
  • Gebiet hat mehrere (sehr) seltene Orchideenarten

Biotoptypen Baden-Württembergs

Folgende Biotoptypen für die freie Landschaft, den besiedelten Bereich oder die Wälder, mit ihren Schlüsselnummern sind dem FFH-Lebensraumtyp 6210 zugeordnet:
  • 36.50 - Magerrasen basenreicher Standorte (ab einer Mindestgröße von 500 m2 , Verbundregelung)
  • 36.70 - Trockenrasen

Eine ausführliche Beschreibung aller Biotoptypen ist enthalten im Datenschlüssel Baden-Württemberg: "Arten, Biotope, Landschaft - Schlüssel zum Erfassen, Beschreiben, Bewerten".

Kennzeichnende Pflanzengesellschaften
  • Ordnungen Brometalia erecti und Festucetalia valesiacae sowie Verband Seslerion albicantis

Kennzeichnende Pflanzenarten

  • Trockenrasen: Zwerg-Sonnenröschen (Fumana procumbens), Gewöhnliche Kugelblume (Globularia punctata), Zarter Lein (Linum tenuifolium), Hufeisenklee (Hippocrepis comosa), Gewöhnliche Kuhschelle (Pulsatilla vulgaris)
  • Halbtrockenrasen: Echter Wundklee (Anthyllis vulneraria), Fieder-Zwenke (Brachypodium pinnatum), Aufrechte Trespe (Bromus erectus), Golddistel (Carlina vulgaris), Kartäuser-Nelke (Dianthus carthusianorum), Tauben-Skabiose (Scabiosa columbaria), Esparsette (Onobrychis viciifolia), Arznei-Schlüsselblume (Primula veris), Schopfige Kreuzblume (Polygala comosa), Pyramiden-Kammschmiele (Koeleria pyramidata
  • Orchideen: Bienen-Ragwurz (Ophrys apifera), Fliegen-Ragwurz (Ophrys insectifera), Helm-Knabenkraut (Orchis militaris), Brand-Knabenkraut (Orchis ustulata), Hundswurz (Anacamptis pyramidalis), Fuchs-Knabenkraut (Dactylorhiza fuchsii), Bocks-Riemenzunge (Himantoglossum hircinum), Mücken-Handwurz (Gymnadenia conopsea)

Trocken- und Halbtrockenrasen sind charakteristisch für mehrere Naturräume Baden-Württembergs. Standortbedingungen und jahrhundertelange, standortangepasste, extensive Nutzung haben Lebensbedingungen für bedrohte Tiere und Pflanzen (Schmetterlinge, Orchideen) geschaffen. Diese Lebensräume sind daher unersetzlich für den Arten- und Biotopschutz. Kalk-Magerrasen sind nach Landesnaturschutzgesetz (NatSchG) bzw. Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG) geschützt.

Gesamtverbreitung

Kalk-Magerrasen sind im gesamten Gebiet der EU verbreitet, außer in Griechenland, in der Steppen- und Schwarzmeerregion Rumäniens und der atlantischen Region Portugals.

Auch in Deutschland sind sie weit verbreitet. Keine Vorkommen des Lebensraumtyps existieren allerdings an den Küsten Nord- und Nord-West-Deutschlands sowie in Teilen der Mittelgebirge mit sauren Böden. Die Biodiversität der Kalk-Magerrasen nimmt nach Süden und im Umkreis der Alpen zu.

VerbreitungskarteVerbreitung in Baden-Württemberg

Trocken- und Halbtrockenrasen kommen einschließlich der genannten Ausprägungen vor allem in den Naturräumen Schwäbische Alb, Kaiserstuhl, Markgräfler und Offenburger Rheinniederung, Schwäbisches Keuper-Lias-Land und Neckar- und Tauber-Gäuplatten vor.
  • 2018 gemeldete LRT-Gesamtfläche: 6.500 ha
  • der überwiegende Teil der Bestände des LRT liegt in FFH-Gebieten

Bestandsentwicklung in Baden-Württemberg

Das Verbreitungsgebiet des LRT ist stabil und auch die gemeldete Fläche hat sich seit 2013 nicht geändert. Allerdings ist auf kleineren Flächen ein Rückgang zu erkennen. Grund dafür liegt in der natürlichen Sukzession, welche aufgrund der Aufgabe der Bewirtschaftung eintritt. Die Struktur und Funktion können durch intensivierte Landschaftspflegemaßnahmen und durch die Förderung der geeigneten Bewirtschaftung, wie z.B. Schäferei, positiv beeinflusst werden. Negative Einflüsse ergeben sich aus Intensivierungen von gut zu bewirtschaftenden Flächen und der Aufgabe der Bewirtschaftung weniger rentabler Standorte.

Rote Liste Biotoptypen Schutzstatus FFH-Richtlinie
Baden-Württemberg Baden-Württemberg Anhang
  • Biotoptyp 36.50: gefährdet
  • Biotoptyp 36.70: stark gefährdet
  • gesetzlich geschützte Biotope nach NatSchG bzw. BNatSchG
I

Stand 2019

Gefährdungsursachen

  • Nutzungsänderungen (insbesondere Aufforstung, Aufgabe der Nutzung)
  • Intensive Freizeitaktivitäten (z.B. Motocross sowie Mountainbiking oder Reitsport außerhalb markierter Wege)
  • Entnahme insbesondere von Orchideenarten
  • Bei kleinflächigen, beweideten Beständen: Pferch innerhalb des FFH-Lebensraumes
  • Ablagerungen (z.B. Schlagabraum, Rindenabfälle, Schnittgut, Gartenabfälle, landwirtschaftliche Abfälle etc.)
  • Nutzungsintensivierung (z.B. Melioration, Düngung insbesondere mit Stickstoff, Ausbringen von Gülle)
  • Nährstoff-, Pflanzenschutzmittel-, Schadstoffeintrag 
Schutzmaßnahmen
  • Entbuschung/Teilöffnung stark verbuschter Bestände (s. auch BRIEMLE 1988)
  • Einrichtung von Pufferzonen zur Verhinderung von Nähr- und Schadstoffeinträgen
  • Bei Mahd: Abräumen des Schnittgutes
  • Förderung von Hutweiden gegenüber Stand- oder Koppelweiden
  • Insbesondere bei kleinflächigen Vorkommen oder bei Beständen mit bemerkenswerten Orchideen: Einrichtung des Pferchs außerhalb des FFH-Lebensraumtyps
  • Bestände mit bemerkenswerten Orchideen: Abstimmung der Nutzungen auf den Erhalt der Orchideen (z.B. Anpassung der Beweidungs-/Mahdtermine an den Lebenszyklus der Orchideenarten)
  • Erarbeitung eines Biotophilfskonzept in Nordost-Baden-Württemberg und im Schwarzwald
Schutzprojekte
  • Umsetzung der FFH-Richtlinie
  • Biosphärengebiet Schwäbische Alb

FFH-Erhaltungszustand

Die FFH-Richtlinie ist eine Naturschutz-Richtlinie der EU, deren Name sich von Fauna (= Tiere), Flora (= Pflanzen) und Habitat (= Lebensraum) ableitet. Wesentliches Ziel ist die Erhaltung der biologischen Vielfalt durch den Aufbau eines Schutzgebietssystems für die Lebensraumtypen des Anhangs I und Arten des Anhangs II der Richtlinie. Außerdem werden die Erhaltungszustände der Lebensraumtypen und Arten (Anhang II, IV, V) überwacht.

FFH-Gebiete

Linksymbol zum Daten- und Kartendienst der LUBW

Karten und Steckbriefe (mit Angabe der Flächengröße, den vorkommenden LRT und Arten etc.) zu den FFH-Gebieten erhalten Sie im Daten- und Kartendienst der LUBW.

 

Erhaltungszustand des Lebensraumtyps in Baden-Württemberg

  Verbreitungs­gebiet Fläche Strukturen und Funktionen Zukunfts­aussichten
Einzelbewertung günstig ungünstig-unzureichend ungünstig-schlecht ungünstig-unzureichend
Gesamtbewertung ungünstig-schlecht

Stand 2018

Weitere Informationen zu den Erhaltungszuständen der FFH-Lebensraumtypen erhalten Sie auf den Natura 2000-Internetseiten der LUBW.

Erhaltungszustand aller FFH-Lebensraumtypen in Baden-Württemberg (pdf; 0,3 MB)

Beeinträchtigung von FFH-Gebieten Naturschutz-Praxis, Natura 2000: Beeinträchtigungen, Erhaltungs- und Entwicklungsmaßnahmen von Lebensraumtypen und Lebensstätten von Arten zur Umsetzung der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie in Baden-Württemberg - 1. Auflage 2002)

Steckbrief des Lebensraumtyps 6210 als PDF: PDF