FFH-Lebenraumtyp 6230* - Artenreiche Borstgrasrasen*

LRT 6230 Artenreicher Borstgrasrasen im NSG Schauinsland

Borstgrasrasen sind Magerrasen, die durch Mahd oder extensive Beweidung entstanden sind. Sie wachsen in Baden-Württemberg vorwiegend in den silikatischen Mittelgebirgen auf nährstoffarmen, sauren Böden unter niederschlagsreichen Verhältnissen, kommen aber auch in der Ebene (Rheintal) vor. Zu diesem Lebensraumtyp werden nur artenreiche Borstgrasrasen gerechnet, während durch Überweidung stark degradierte und verarmte Ausprägungen nicht eingeschlossen sind. 

Biotoptypen Baden-Württembergs

Folgende Biotoptypen für die freie Landschaft, den besiedelten Bereich oder die Wälder, mit ihren Schlüsselnummern sind dem FFH-Lebensraumtyp 6230 zugeordnet:
  • 36.41 - Borstgrasrasen (ab einer Mindestgröße von 500 m2 bzw. Verbundregelung)
  • 36.42 - Flügelginsterweide (ab einer Mindestgröße von 500 m2 bzw. Verbundregelung)

Eine ausführliche Beschreibung aller Biotoptypen ist enthalten im Datenschlüssel Baden-Württemberg: "Arten, Biotope, Landschaft - Schlüssel zum Erfassen, Beschreiben, Bewerten".

Kennzeichnende Pflanzengesellschaften
  • Ordnung Nardetalia

Kennzeichnende Pflanzenarten

  • Borstgras (Nardus stricta)
  • Berg-Wohlverleih (Arnica montana
  • Schweizer Löwenzahn (Leontodon helveticus)
  • Gold-Fingerkraut (Potentilla aurea)
  • Gewöhnliches Katzenpfötchen (Antennaria dioica)
  • Schaf-Schwingel (Festuca ovina)
  • Harz-Labkraut (Galium saxatile)
  • Geflecktes Ferkelkraut (Hypochaeris maculata)
  • Wald-Läusekraut (Pedicularis sylvatica)
  • Weiße Waldhyazinthe (Platanthera bifolia)
  • Gewöhnliche Kreuzblume (Polygala vulgaris)
  • Hunds-Veilchen (Viola canina)

Von sehr hoher naturschutzfachlicher Bedeutung sind insbesondere die Borstgrasrasen in den Hochlagen des Schwarzwaldes, die zusätzlich durch eine besondere Vegetationszusammensetzung charakterisiert sind. Die artenreichen Borstgrasrasen müssen wegen nachlassender Nutzung als stark gefährdeter Lebensraumtyp eingestuft werden. Artenreiche Borstgrasrasen sind nach Landesnaturschutzgesetz (NatSchG) bzw. Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG) geschützt.

Gesamtverbreitung

Artenreiche Borstgrasrasen können fast auf dem gesamten Terretorium der EU gefunden werden. Großflächig fehlen sie nur in Rumäniens und Sloweniens außeralpinen Regionen. Die Vorkommen in Estland sind ausgestorben oder unbekannt.

Artenreiche Borstgrasrasen sind in Deutschland besonders in höheren Regionen verbreitet. Aber es gibt auch einige Vorkommen in tieferen Lagen wie in Niedersachsen oder Schleswig-Holstein. Besonders gut ausgeprägte Bestände sind im Harz, Schwarzwald o. in den Gebirgen Ost-Hessens zu finden.

VerbreitungskarteVerbreitung in Baden-Württemberg

Die artenreichen Borstgrasrasen sind seit Jahrhunderten ein prägendes Landschaftselement in Baden-Württemberg. Sie haben großflächige Vorkommen im Schwarzwald, vereinzelte auf der Schwäbischen Alb, im Odenwald und im Schwäbisch-Fränkischen Wald. Kleinflächig kommen sie im Rheintal vor.
  • 2018 gemeldete LRT-Gesamtfläche: 2.700 ha
  • der überwiegende Teil der Bestände des LRT liegt in FFH-Gebieten

Bestandsentwicklung in Baden-Württemberg

Das Verbreitungsgebiet des LRT ist stabil. Die Fläche hat sich nicht verändert, wird aber durch ein Nichterreichen der günstigen Gesamtfläche als ungünstig-unzureichend eingestuft. Vor allem die Struktur und Funktion artenreicher Borstgrasrrasen ist gefährdet. Gründe dafür liegen in der Intensivierung der Nutzung bestimmter Flächen, während die Nutzung auf anderen Stanorten aufgrung geringer wirtschaftlicher Rentabilität ausfällt. Die Zukunftsaussichten sind daher schlecht. Biotophilfskonzepte, sowie Pflege- und Entwicklungsmaßnahmen müssen hier zum Erhalt dieses Lebensraumtyps umgesetzt werden. In FFH-Gebieten kann dies von Seiten des Naturschutzes gefördert werden, für den Rest der LRT-Fläche außerhalb dieser Gebiete ist dies nur bedingt möglich.

Rote Liste Biotoptypen Schutzstatus FFH-Richtlinie
Baden-Württemberg Baden-Württemberg Anhang
  • Biotoptyp 36.41: stark gefährdet
  • Biotoptyp 36.42: gefährdet
  • gesetzlich geschützte Biotope nach NatSchG bzw. BNatSchG
I

Stand 2019

Gefährdungsursachen

  • Nährstoff-, Pflanzenschutzmittel-, Schadstoffeintrag
  • Nutzungsänderungen (z.B. Umbruch, Aufforstung, Aufgabe der Nutzung)
  • Nutzungsintensivierung (z.B. Erhöhung der Besatzdichte, Nutzung als Umtriebsweide)
  • Neuanlage von Skipisten, Skilifte sowie Loipen abseits von Wegen
  • Einsatz von Düngemitteln
  • Einsatz von Pflanzenschutzmitteln 
  • Ablagerungen (z.B. Schlagabraum, Rindenabfälle, Schnittgut, Gartenabfälle, landwirtschaftliche Abfälle etc.)
Schutzmaßnahmen
  • Förderung von Hutweiden gegenüber Stand- oder Koppelweiden
  • Exemplarisch: Wiedereinführung weiterer traditioneller Nutzungen (z.B. "Reutbergwirtschaft" im mittleren Schwarzwald)
  • Einrichtung von Pufferzonen zur Verhinderung von Nähr- und Schadstoffeinträgen
  • Insbesondere bei kleinflächigen Vorkommen: Einrichtung des Pferchs außerhalb des FFH-Lebensraumtyps
  • Bei Beständen, in denen das Borstgras (Nardus stricta) stark zunimmt: ggf. Umstellung von Weide auf 1-schürige Mahd zur Erhaltung artenreicher Borstgrasrasen
  • Erarbeitung eines Biotophilfskonzept im Schwarzwald
Schutzprojekte
  • Umsetzung der FFH-Richtlinie

FFH-Erhaltungszustand

Die FFH-Richtlinie ist eine Naturschutz-Richtlinie der EU, deren Name sich von Fauna (= Tiere), Flora (= Pflanzen) und Habitat (= Lebensraum) ableitet. Wesentliches Ziel ist die Erhaltung der biologischen Vielfalt durch den Aufbau eines Schutzgebietssystems für die Lebensraumtypen des Anhangs I und Arten des Anhangs II der Richtlinie. Außerdem werden die Erhaltungszustände der Lebensraumtypen und Arten (Anhang II, IV, V) überwacht.

FFH-Gebiete

Linksymbol zum Daten- und Kartendienst der LUBW

Karten und Steckbriefe (mit Angabe der Flächengröße, den vorkommenden LRT und Arten etc.) zu den FFH-Gebieten erhalten Sie im Daten- und Kartendienst der LUBW.

 

Erhaltungszustand des Lebensraumtyps in Baden-Württemberg

  Verbreitungs­gebiet Fläche Strukturen und Funktionen Zukunfts­aussichten
Einzelbewertung günstig ungünstig-unzureichend ungünstig-schlecht ungünstig-schlecht
Gesamtbewertung ungünstig-schlecht

Stand 2018

Weitere Informationen zu den Erhaltungszuständen der FFH-Lebensraumtypen erhalten Sie auf den Natura 2000-Internetseiten der LUBW.

Erhaltungszustand aller FFH-Lebensraumtypen in Baden-Württemberg (pdf; 0,3 MB)

Beeinträchtigung von FFH-Gebieten Naturschutz-Praxis, Natura 2000: Beeinträchtigungen, Erhaltungs- und Entwicklungsmaßnahmen von Lebensraumtypen und Lebensstätten von Arten zur Umsetzung der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie in Baden-Württemberg - 1. Auflage 2002)

Steckbrief des Lebensraumtyps 6230 als PDF: PDF