FFH-Lebensraumtyp 9190 - Bodensaure Eichenwälder auf Sandebenen
Bei diesem Lebensraumtyp handelt es sich um naturnahe Birken-Stieleichenwälder (z.B. im Keuper-Sandstein) und Eichenmischwälder (vereinzelt mit Buche) auf Sandböden (z.B. auf Binnendünen, in Flugsandgebieten). Dieser Waldtyp ist in der Regel fast buchenfrei und relativ artenarm. Er kommt auf sauren, sehr nährstoffarmen Standorten vor.
Biotoptypen Baden-Württembergs
Folgende Biotoptypen für die freie Landschaft, den besiedelten Bereich oder die Wälder, mit ihren Schlüsselnummern sind dem FFH-Lebensraumtyp 9190 zugeordnet:
- Schlüsselzahl Waldbiotopkartierung (LUBW-Schlüssel)
- 04 (56.20) - Birken-Stieleichen-Wald mit Pfeifengras
- 03 (55.50) - Traubeneichen-Buchen-Wald
Eine ausführliche Beschreibung aller Biotoptypen ist enthalten im
Datenschlüssel Baden-Württemberg: "Arten, Biotope, Landschaft - Schlüssel zum Erfassen, Beschreiben, Bewerten".
Kennzeichnende Pflanzengesellschaften
- Holco-mollis-Quercetum (Oberrheinebene); Betulo-Quercetum petraeae (Neckarland) (nur Bestände auf Sandböden, nicht an Silikatfelshängen)
Kennzeichnende Pflanzenarten
- Hänge-Birke (Betula pendula)
- Stiel-Eiche (Quercus robur)
- Faulbaum (Frangula alnus)
- Draht-Schmiele (Deschampsia flexuosa)
- Pillen-Segge (Carex pilulifera)
- Rohr-Pfeifengras (Molinia arundinacea)
- Adlerfarn (Pteridium aquilinum)
- Heidelbeere (Vaccinium myrtillus)
- Wiesen-Wachtelweizen (Melampyrum pratense)
- Wald-Geißblatt (Lonicera periclymenum)
Die naturnahen Birken-Stieleichenwälder und Buchen-Eichenmischwälder sind in Baden-Württemberg seltene Waldtypen, die auf Sonderstandorte beschränkt sind. Die alten bodensauren Eichenwälder in Baden-Württemberg verdanken ihre Entstehung der Jahrhunderte andauernden Nutzungsweise des Wald-Feldbaus. Bodensaure Eichenwälder auf Sandebenen sind nach § 30a Landeswaldgesetz geschützt.
Gesamtverbreitung
Bodensaure Eichenwälder auf Sandebenen sind in der Europäischen Union vor allem in der atlantischen, borealen und kontinentalen Region Nord- und Mitteleuropas verbreitet. Das südlichste Vorkommen befindet sich in der pannonischen Region Italiens.
Der Lebensraumtyp 9190 kommt nur auf sauren Böden oder leicht basischen Standorten vor wie z.B. auf alten Moränen, Binnendünen oder auf einzeitlich entstandenen Sandflächen. In Deutschland ist seine Verbreitung fast ausschließlich begrenzt auf den Gebiete im Nordwesten und -osten.
Verbreitung in Baden-Württemberg
Bodensaure Eichenwälder treten ausschließlich in den Naturräumen Hardtebenen, Nördliche Oberrhein-Niederung und der Neckar-Rheinebene auf. Birken-Stieleichenwälder kommen hauptsächlich im Strom- und Heuchelberg, im Schwäbisch-Fränkischen-Wald und im Sandstein-Odenwald vor.
- 2018 gemeldete LRT-Gesamtfläche: 322,2 ha
- der überwiegende Teil der Bestände des LRT liegt in FFH-Gebieten
Bestandsentwicklung in Baden-Württemberg
Die Fläche und das Verbreitungsgebiet des LRT 9190 haben sich in den letzten Jahren aufgrund Biotopentwicklungen leicht ausgedehnt. Insgesamt ist die weitere Entwicklung des Lebensraumtyps aber nicht abschätzbar, da erst mit einer Aktualisierung der forstliche Standortskartierung (2021) neue Karierergebnisse vorliegen, die für die kommende Berichtsperiode (2019-2025) Aufschluss über den Erhaltungszustand liefern werden.
Rote Liste Biotoptypen | Schutzstatus | FFH-Richtlinie |
Baden-Württemberg | Baden-Württemberg | Anhang |
|
| I |
Stand 2019
Gefährdungsursachen
- Invasive gebietsfremde Arten
- Verbissbelastung
- Stickstoffeintrag
- Bodenschutzkalkung natürlich saurer Standorte, soweit hierdurch die pH-Werte über den standorttypischen Bereich angehoben werden
- Exemplarisch: Einführung traditioneller Waldnutzungsformen (z.B. Mittelwaldwirtschaft, Streunutzung)
- Förderung der Eiche, da bodensaure Eichenwälder langfristig nur durch forstwirtschaftliche Maßnahmen als Eichendominierte Wälder zu erhalten sind
- Reduktion des Anteils an lebensraumtypfremden Gehölzen
- Förderung von liegendem und stehendem Totholz
- Naturnahe Gestaltung bestehender Waldaußen- und Waldinnenränder
- Umsetzung der FFH-Richtlinie
FFH-Erhaltungszustand
Die FFH-Richtlinie ist eine Naturschutz-Richtlinie der EU, deren Name sich von Fauna (= Tiere), Flora (= Pflanzen) und Habitat (= Lebensraum) ableitet. Wesentliches Ziel ist die Erhaltung der biologischen Vielfalt durch den Aufbau eines Schutzgebietssystems für die Lebensraumtypen des Anhangs I und Arten des Anhangs II der Richtlinie. Außerdem werden die Erhaltungszustände der Lebensraumtypen und Arten (Anhang II, IV, V) überwacht.
FFH-Gebiete
Karten und Steckbriefe (mit Angabe der Flächengröße, den vorkommenden LRT und Arten etc.) zu den FFH-Gebieten erhalten Sie im Daten- und Kartendienst der LUBW.
Erhaltungszustand des Lebensraumtyps in Baden-Württemberg
Verbreitungsgebiet | Fläche | Strukturen und Funktionen | Zukunftsaussichten | |
Einzelbewertung | günstig | günstig | günstig | unbekannt |
Gesamtbewertung | günstig |
Stand 2018
Weitere Informationen zu den Erhaltungszuständen der FFH-Lebensraumtypen erhalten Sie auf den Natura 2000-Internetseiten der LUBW.
Erhaltungszustand aller FFH-Lebensraumtypen in Baden-Württemberg (pdf; 0,3 MB)
Beeinträchtigung von FFH-Gebieten
Naturschutz-Praxis, Natura 2000: Beeinträchtigungen, Erhaltungs- und Entwicklungsmaßnahmen von Lebensraumtypen und Lebensstätten von Arten zur Umsetzung der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie in Baden-Württemberg - 1. Auflage 2002)