FFH-Lebensraumtyp 91E0* - Auenwälder mit Erle, Esche und Weide*

LRT 91E0 Auenwald mit Erle, Esche, Weide bei Leopoldshafen

Dieser FFH-Lebensraumtyp fasst Erlen- und Eschenauenwälder entlang von Fließgewässern sowie z.T. auch quellige, durchsickerte Wälder in Tälern und an Hangfüßen zusammen. Gemeinsames Kennzeichen sind die durch periodische Überflutung geprägten Standortverhältnisse. Unterschieden werden folgende Ausprägungen:

  • Grauerlen-Auenwälder: im Schwarzwald, im Alpenvorland auf kalkreichen Auenrohböden flussnaher Terrassen
  • Hainmieren-Schwarzerlen-Bachwälder: schmale oft von Feuchtwiesen begrenzte „Galeriewälder" an Ufern oder im Schwemmbereich schnellfließender Bäche im Bergland der Silikat-Mittelgebirge
  • Traubenkirschen-Erlen-Eschenwälder: bilden z.T. großflächige Bestände in den Ebenen der Flussniederungen 
  • Eschenwälder der Bach- und Flussauen, nasser Senken mit langsam fließendem, hochanstehendem Grundwasser sowie artenreiche Eschenwälder auf quelligen Standorten
  • Weichholz-Auenwälder: kommen in den regelmäßig und oft länger andauernd überfluteten Auen größerer Flüsse mit Baum-Weiden (v.a. Silberweide) vor 

Biotoptypen Baden-Württembergs
Folgende Biotoptypen für die freie Landschaft, den besiedelten Bereich oder die Wälder, mit ihren Schlüsselnummern sind dem FFH-Lebensraumtyp 91E0 zugeordnet:

  • Schlüsselzahl Waldbiotopkartierung (LUBW-Schlüssel)
  • (42.40) - Uferweiden-Gebüsch (Auen-Gebüsch) 
  • 40 (52.31) - Hainmieren- Schwarzerlen- Auwald
  • 42 (52.40) - Silberweiden- Auwald
  • 43 (52.34) - Grauerlen- Auwald
  • 46 (52.21) - Traubenkirschen-Erlen-Eschen-Wald
  • 47 (52.32) - Schwarzerlen- Eschen- Wald
  • 66 (52.33) - Gehölzstreifen bachbegleitend (Galeriewald)

Eine ausführliche Beschreibung aller Biotoptypen ist enthalten im
Datenschlüssel Baden-Württemberg: "Arten, Biotope, Landschaft - Schlüssel zum Erfassen, Beschreiben, Bewerten".

 

Kennzeichnende Pflanzengesellschaften

  • Alnetum incanae; Equiseto telmateiae-Fraxi-netum; Carici remotae-Fraxinetum; Pruno-Fraxinetumg; Stellario nemorum-Alnetum glutinosae; Ribeso sylvestris-Fraxinetum; Salicetum fragilis; Salicetum albae; Salicetum triandrae; Salix purpurea-Gesellschaft; Salicetum pentandro-cinereae

Kennzeichnende Pflanzenarten

  • Schwarzerle (Alnus glutinosa)
  • Grauerle (Alnus incana)
  • Esche (Fraxinus excelsior)
  • Silberweide (Salix alba)
  • Bruchweide (Salix fragilis)
  • Schwarzpappel (Populus nigra)
  • Gewöhnliche Traubenkirsche (Prunus padus)
  • Rote Johannisbeere (Ribes rubrum)
  • Hopfen (Humulus lupulus)
  • Hainsternmiere (Stellaria nemorum)
  • Dünnährige Segge (Carex strigosa)
  • Winkelsegge (Carex remota)
  • Bitteres Schaumkraut (Cardamine amara)
  • Hängesegge (Carex pendula)
  • Waldengelwurz (Angelica sylvestris)
  • Kohldistel (Cirsium oleraceum)
  • Riesenschachtelhalm (Equisetum telmateia)
  • Hain-Gilbweiderich (Lysimachia nemorum)
  • Wechselblättriges Milzkraut (Chrysosplenium alternifolium)

Naturschutzfachlich bedeutend sind besonders die Auen- und Uferwälder auf Standorten mit weitgehend ungestörtem Wasserhaushalt. Da die Bestände natürlichen Veränderungen wie Erosion, Ablagerungen, Überflutungen, Grundwasserschwankungen ausgesetzt sind, haben sie auch für Pionierarten eine besondere Bedeutung. Die typische Strukturvielfalt und hohe Anzahl ökologischer Nischen der Auenwälder bietet einer Vielzahl z.T. seltener Tierarten Lebensraum.

Einen wichtigen Beitrag liefern diese Wälder aufgrund ihrer bandartigen Struktur auch für die Biotopvernetzung zwischen entfernten Landschaftsräumen. Auenwälder mit Erle, Esche und Weide sind nach Landesnaturschutzgesetz (NatSchG) bzw. Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG) geschützt.

Gesamtverbreitung

Der Lebensraumtyp 91E0 kommt fast überall in der EU vor, außer in der Steppen- und Schwarzmeerregion Rumäniens.

Der LRT 91E0 war ursprünglich in ganz Deutschland entlang von Fließgewässern zu finden. Heute ist er am Oberlauf der Flüsse und im Bergland nur noch kleinflächig verbreitet. Im Tiefland und Unterlauf der Flüsse dagegen kommt er noch immer großflächig auf Schwemmböden vor.

Verbreitung in Baden-Württemberg

Auenwälder sind in mehr oder weniger ausgedehnten Beständen landesweit entlang der Fließgewässer verbreitet. Seltener sind diese lediglich auf der Schwäbischen Alb.

  • 2018 gemeldete LRT-Gesamtfläche: 7.873,83 ha
  • weniger als die Hälfe der Bestände des LRT liegt in FFH-Gebieten

Bestandsentwicklung in Baden-Württemberg

Die Fläche und das Verbreitungsgebiet des LRT 91E0 haben sich zwischen 2012 und 2018 nicht verändert. Auf die Enwicklung des Lebensraumtyps wirkten sich Änderungen des Wasserhaushalts, des Laufs und der Struktur von Fließgewässern, des erhöhten Stoffeintrags (Eutrophierung) und der Einwanderung neuer Arten (Neophyten) negativ aus. Die Zukunftsaussichten des Lebensraumtyps werden in Baden-Württemberg daher als ungünstig-unzureichend eingestuft.

Rote Liste Biotoptypen Schutzstatus FFH-Richtlinie
Baden-Württemberg Baden-Württemberg Anhang
  • Biotoptyp (42.40): gefährdet
  • Biotoptyp 40 (52.31) : stark gefährdet
  • Biotoptyp 42 (52.40) : stark gefährdet
  • Biotoptyp 43 (52.34) : Vorwarnliste
  • Biotoptyp 46 (52.21) : gefährtdet
  • Biotoptyp 47 (52.32) : gefährdet
  • Biotoptyp 66 (52.33) : Vorwarnliste
  • gesetzlich geschützte Biotope nach NatSchG bzw. BNatSchG
I

Stand 2019

Gefährdungsursachen

  • Befahren der Flächen außerhalb der Feinerschließung
  • Jede Form der Entwässerung (auch im Umfeld); Veränderungen des standorttypischen Wasserregimes (Dammbauten, Querverbaue, Vertiefungen, Begradigungen bestehender Gewässer, Ufersicherungen)
  • Einwanderung neuer Arten 
  • zukünftige Gefährdungen: Eschentriebsterben

Schutzmaßnahmen

  • Aufrechterhaltung des seitherigen Wasserregimes
  • Reduktion des Anteils an lebensraumtypfremden Gehölzen
  • Förderung lebensraumtypischer Gehölze
  • Zulassen von Fließgewässer- und Hochwasserdynamik (z.B. durch Rückbau von Dammbauten, Bach- und Flussbegradigungen)
  • Förderung von liegendem und stehendem Totholz
  • Exemplarisch: Wiedereinführung traditioneller Nutzungsformen (z.B. Niederwaldnutzung bei Erlenwäldern ("auf den Stock setzen", "Faschinenwald")

Schutzprojekte

  • Umsetzung der FFH-Richtlinie
  • Biosphärengebiet Schwäbische Alb

FFH-Erhaltungszustand

Die FFH-Richtlinie ist eine Naturschutz-Richtlinie der EU, deren Name sich von Fauna (= Tiere), Flora (= Pflanzen) und Habitat (= Lebensraum) ableitet. Wesentliches Ziel ist die Erhaltung der biologischen Vielfalt durch den Aufbau eines Schutzgebietssystems für die Lebensraumtypen des Anhangs I und Arten des Anhangs II der Richtlinie. Außerdem werden die Erhaltungszustände der Lebensraumtypen und Arten (Anhang II, IV, V) überwacht.

FFH-Gebiete

Linksymbol zum Daten- und Kartendienst der LUBW

Karten und Steckbriefe (mit Angabe der Flächengröße, den vorkommenden LRT und Arten etc.) zu den FFH-Gebieten erhalten Sie im Daten- und Kartendienst der LUBW.


Erhaltungszustand des Lebensraumtyps in Baden-Württemberg

  Verbreitungs­gebiet Fläche Strukturen und Funktionen Zukunfts­aussichten
Einzelbewertung günstig günstig günstig ungünstig-unzureichend
Gesamtbewertung ungünstig-unzureichend

Stand 2018

Weitere Informationen zu den Erhaltungszuständen der FFH-Lebensraumtypen erhalten Sie auf den Natura 2000-Internetseiten der LUBW.

Erhaltungszustand aller FFH-Lebensraumtypen in Baden-Württemberg (pdf; 0,3 MB)

Beeinträchtigung von FFH-Gebieten Naturschutz-Praxis, Natura 2000: Beeinträchtigungen, Erhaltungs- und Entwicklungsmaßnahmen von Lebensraumtypen und Lebensstätten von Arten zur Umsetzung der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie in Baden-Württemberg - 1. Auflage 2002)

Steckbrief des Lebensraumtyps 91E0 als PDF: PDF