Straßenraumgestaltung, Beruhigung

In vielen Straßen wurden dem KFZ-Verkehr im Zuge der Verkehrszunahme der vergangenen Jahrzehnte immer mehr Flächen zugeordnet.

Dominiert der fließende KFZ-Verkehr das Bild und die Geräuschkulisse einer Straße, sinken die Attraktivität des Straßenraums für Fußgänger und Radfahrer sowie die Aufenthaltsqualität. Bisweilen ist die Nutzung zu geringer verbleibender Flächen für diese Verkehrsteilnehmer auch gefährlich.

Die nachfolgende Beschreibung der Maßnahme ist gegliedert in die Darstellung von Rahmenbedingungen, Wirkungen und Beispielen zu umgesetzten Maßnahmen.

Rahmenbedingungen

Maßnahmen wie die Verringerung der vom motorisierten Verkehr genutzten Fahrbahnbreite, die Absenkung der Fahrgeschwindigkeit oder der Einsatz von Gehwegüberfahrten, Mittelinseln und Bepflanzungen können dazu beitragen, Straßenräume attraktiver zu gestalten und die Dominanz des KFZ-Verkehrs abzuschwächen.

Hierfür ist mitunter eine Neuaufteilung des Querschnitts sinnvoll, die jedoch nicht unbedingt auch baulicher Maßnahmen bedarf. Eine neue Querschnittsaufteilung bietet auch die Chance, fehlende oder mangelhafte Angebote für Fußgänger und Radfahrer auszugleichen. Besonders attraktiv sind Maßnahmen, die neben der gestalterischen Aufwertung auch die akustische Situation, die Luftqualität oder die Verkehrssicherheit verbessern.

In der Lärmaktionsplanung ist es sinnvoll, zunächst diejenigen Straßenabschnitte zu identifizieren, in denen neben einer hohen Lärmbelastung auch hohe Schadstoffemissionen oder Unfallschwerpunkte vorhanden sind. Auf Basis einer Analyse des Erscheinungsbildes dieser Straßenräume, der verkehrlichen Bedeutung und der Verkehrsmengen sowie der vorhandenen Ansprüche der einzelnen Nutzergruppen an diese Straßenräume können Handlungsspielräume geprüft und Maßnahmen entwickelt werden.

Wirkungen

Die Umgestaltung von Straßenräumen hat aus akustischer Sicht vor allem das Ziel, die Lärmquelle (Verkehr) vom Immissionsort (Fassade) abzurücken. Bei einer Anlage von Radfahrstreifen auf der Fahrbahn zulasten eines KFZ-Fahrstreifens wurden bei einem Pilotvorhaben 1,5 dB(A) Lärmminderung berechnet.

Höher ist die Wirkung, wenn die Maßnahmen auch zu langsameren und/oder stetigeren Verkehrsflüssen beitragen. In manchen Bereichen kann beispielsweise durch Bepflanzungen der Blickkontakt zwischen Bewohnern und Fahrzeugen unterbunden werden. Dadurch entsteht oftmals der subjektive Eindruck, dass es leiser wird, obwohl tatsächlich die Lärmbelastung unverändert hoch ist.

Beispiele

In der Berliner Lärmaktionsplanung wurde festgestellt, dass die Gestaltung bestimmter Straßenzüge stark auf den KFZ-Verkehr ausgerichtet ist und die vorhandenen Fahrbahnbreiten für die gegebenen Verkehrsstärken nicht immer erforderlich sind. Gleichzeitig wurden Defizite in der Führung des Radverkehrs festgestellt.

Als Lösungsansatz wurde vorgeschlagen, die Flächen des Kfz-Verkehrs zugunsten von Radfahrstreifen zu reduzieren, ohne dass es zu Verdrängungseffekten im KFZ-Verkehr kommt. Dieser Planungsansatz wird auch in der Berliner Radverkehrsstrategie verfolgt.

Dazu wurden drei übergeordnete Straßenverbindungen mit jeweils rund 18.000 bis 20.000 KFZ / 24-Stunden ausgewählt und umgesetzt. Für den fließenden Verkehr standen an allen Beispielstrecken vor der Umgestaltung jeweils zwei Fahrstreifen pro Richtung zur Verfügung, die auf einen überbreiten Fahrstreifen pro Richtung reduziert wurden. Der verbleibende Raum wurde als Angebotsstreifen dem Radverkehr zugeordnet. In den Knotenpunktbereichen wurden die vorhandenen Spuraufteilungen weitgehend beibehalten, um die Leistungsfähigkeit für den KFZ-Verkehr sicherzustellen.

Die Umgestaltung erfolgte im Wesentlichen durch Fahrbahnmarkierungen. Dies hatte den Vorteil, dass die Maßnahmen kostengünstig umgesetzt werden konnten und nach einer Probephase mit überschaubarem Aufwand zurückbaubar gewesen wären.

Die begleitenden Untersuchungen zeigen, dass eine Reduzierung der Fahrstreifenanzahl zugunsten von Radfahrstreifen bei Verkehrsmengen von 18.000 bis 20.000 KFZ / 24-Stunden unter den gegebenen Rahmenbedingungen möglich und sinnvoll ist.

Begleitende Berechnungen zeigen je nach Abschnitt Abnahmen der Immissionspegel um 1 bis 1,5 dB(A). Es konnte ausgeschlossen werden, dass Probleme lediglich räumlich verlagert werden oder die Änderungen mit wesentlichen Beeinträchtigungen anderer Verkehrsarten verbunden sind.

Die Angebotsqualität für Radfahrer steigt, die starken Behinderungen des fließenden Rad- und KFZ-Verkehrs durch Liefervorgänge nehmen bei gleichbleibender Überwachungsintensität deutlich ab. Dies ist auch ein Beitrag zur Förderung des Radverkehrs.

Der Verkehrsfluss und die gefahrenen Geschwindigkeiten werden ebenso wenig beeinträchtigt wie der ÖPNV. Verschlechtert haben sich jedoch die gemessenen Fußgänger-Wartezeiten für Fahrbahnquerungen. Bei Umgestaltungen dieser Art sind die Querungsbedürfnisse der Fußgänger daher besonders zu beachten und bei Bedarf zusätzliche Querungshilfen bereitzustellen.

Brandenburgische Straße 2009 und 2011 im Vergleich
Brandenburgische Straße 2009 und 2011

 

Dudenstraße 2009 und 2011 im Vergleich
Dudenstraße 2009 und 2011

 

Prinzenallee 2009 und 2011 im Vergleich
Prinzenallee 2009 und 2011

Weiterführende Informationen

Umwelt- und Aufenthaltsqualität in urbanen Quartieren (2018)
Die Broschüre fasst in kompakter Form wesentliche Erkenntnisse des Forschungs- und Entwicklungsvorhabens „Umwelt- und Aufenthaltsqualität in kompakt-urbanen und nutzungsgemischten Stadtstrukturen – Analysen, Fallbeispiele, Handlungsansätze unter Nutzung und Weiterentwicklung des Bauplanungs- und Umweltrechts“ zusammen, das im Auftrag des Umweltbundesamtes durchgeführt wurde.

Umwelt- und Aufenthaltsqualität in kompakt-urbanen und nutzungsgemischten Stadtstrukturen (2018)
Ausführlicher Forschungsbericht zum gleichnamigen Forschungs- und Entwicklungsvorhaben des Umweltbundesamts, bei dem Themenfelder wie die Sicherung und Rückgewinnung von Räumen für das urbane Grün, die Reduzierung verkehrsbedingter Lärm- und Schadstoffbelastungen und eine klimagerechte Quartiersentwicklung im Fokus standen.