Ökokonto und Boden, Grundwasser und Oberflächengewässer

(Stand Februar 2021)

 

Ökokontofähigkeit von Maßnahmen in Gewässerrandstreifen auf Grundlage des Wassergesetzes für Baden-Württemberg vom 03.12.2013

(Stand 2019)

 

Seit Inkrafttreten des Wassergesetzes (WG) am 01.01.2014 ist in Gewässerrandstreifen gemäß § 29 Abs. 3 Nr. 1 WG der Einsatz und die Lagerung von Dünge- und Pflanzenschutzmitteln in einem Bereich von fünf Metern verboten. Maßnahmen in Gewässerrandstreifen sind daher nur noch als Ökokonto-Maßnahme anerkennungsfähig, wenn und soweit sie über dieses gesetzlich geforderte Maß hinausgehen.

Maßnahmen, welche zu einer Schaffung höherwertiger Biotope, wie beispielsweise Magerwiese, Hochstaudenflur oder Auwaldstreifen führen, können weiterhin in das Ökokonto eingebucht werden. Dem Antrag auf Zustimmung zur Ökokonto-Maßnahme wird dabei im Ausgangszustand mindestens der Wert 9 Ökopunkte pro Quadratmeter zugrunde gelegt, sofern es sich nicht um versiegelte oder als Weg genutzte Flächen handelt. Dies entspricht dem geringsten Wert und damit einer schlechten Ausprägung der Biotoptypen 37.12 und 37.13 (Acker mit Unkrautvegetation). Ein geringerer Biotopwert ist bei dem vorgeschriebenen Verzicht auf Düngung und Pflanzenschutzmittel auf land- und forstwirtschaftlichen Flächen nicht realistisch. Sofern der Biotop bereits einen höherwertigen Ausgangszustand als den Mindestwert von 9 Ökopunkten aufweist, wird der tatsächliche Ausgangswert für die Bilanzierung zugrunde gelegt.

Die Möglichkeit zur Schaffung von Pufferflächen zum Schutz vor Stoffeinträgen in das Gewässer gemäß Anlage 2, Abschnitt 1.3.6 der ÖKVO wird durch § 29 Abs. 3 Nr. 1 WG nicht berührt. Voraussetzung für die Anerkennung als Ökokonto-Maßnahme ist, dass die Maßnahme eine signifikante Verringerung von Stoffeinträgen in das Gewässer bewirkt.

Ab dem 01.01.2019 ist bei der Anerkennung von Ökokonto-Maßnahmen § 29 Abs. 3 Nr. 3 WG zu berücksichtigen, welcher die Nutzung von Gewässerrandstreifen als Ackerland in einem Bereich von fünf Metern verbietet. Somit ist dort eine Umwandlung von Acker in Grünland oder Brache ab 2019 nicht mehr ökokontofähig. Aus diesem Grund kann auch die Schaffung von Pufferflächen gegen Stoffeinträge nach Anlage 2, Abschnitt 1.3.6 der ÖKVO in dem fünf Meter breiten Streifen entlang von Gewässern ab 2019 nicht mehr anerkannt werden. Da die ÖKVO eine Anrechenbarkeit der Pufferfunktion auf einer Breite von maximal 10 Metern angrenzend an die immissionsempfindlichen Biotope ermöglicht, kann der Maßnahmenträger bei Schaffung eines 10 Meter breiten Pufferstreifens die zusätzlichen 5 Meter Pufferfläche in das Ökokonto einstellen - wiederum vorausgesetzt, die Maßnahme bewirkt eine signifikante Verringerung von Stoffeinträgen in das Gewässer.

Bei Ökokonto-Maßnahmen in Gewässerrandstreifen, die ab dem 01.01.2019 nicht mehr ökokontofähig sind, aber vor dem 01.01.2019 anerkannt wurden, ist weiterhin von einer bestehenden Anerkennung als Ökokonto-Maßnahme auszugehen. Entscheidend für die rechtliche Beurteilung einer Zustimmung bzw. Ablehnung des Ökokonto-Antrags ist grundsätzlich die objektive Sach- und Rechtslage im Entscheidungszeitpunkt. Für Ökokonto-Maßnahmen, die ab dem 01.01.2019 nicht mehr ökokontofähig sind, jedoch vor Inkrafttreten des § 29 Abs. 3 Nr. 3 WG beantragt wurden, ist die Änderung der Rechtslage zu berücksichtigen und ein entsprechender Antrag ggf. abzulehnen. Da das Inkrafttreten der geänderten Regelung zum Gewässerrandstreifen bereits jahrelang bekannt ist, sind vor diesem Hintergrund auch keine Vertrauensschutzerwägungen gerechtfertigt. Bei bereits anerkannten Ökokonto-Maßnahmen käme grundsätzlich ein Widerruf des Zustimmungsbescheids nach § 49 Abs. 2 Nr. 4 LVwVfG in Betracht. Hiernach kann ein rechtmäßiger begünstigender Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft widerrufen werden, wenn die Behörde auf Grund einer geänderten Rechtslage berechtigt wäre, den Verwaltungsakt nicht zu erlassen, soweit der Begünstigte von der Vergünstigung noch keinen Gebrauch gemacht hat oder auf Grund des Verwaltungsaktes noch keine Leistungen empfangen hat, und wenn ohne den Widerruf das öffentliche Interesse gefährdet würde.

Wird ein begünstigender Verwaltungsakt widerrufen, so hat die Behörde dem Betroffenen auf Antrag für den Vermögensnachteil zu entschädigen, den dieser dadurch erleidet, dass er auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat, soweit sein Vertrauen schutzwürdig ist (§ 49 Abs. 6 LVwVfG).

Wenn der Maßnahmenträger bereits vor dem 01.01.19 mit der Umsetzung der Maßnahme begonnen bzw. diese abgeschlossen hat, so liegen die Voraussetzungen für den Widerruf nicht vor, weil der/die Begünstigte von der Vergünstigung bereits Gebrauch gemacht hat, indem er mit der Umsetzung der Ökokonto-Maßnahme begonnen hat. Ein Verkauf der Ökokonto-Maßnahme oder ein Einsetzen der Ökopunkte ist für das „Gebrauch machen“ nicht erforderlich.

Hat der Begünstigte von der Vergünstigung noch keinen Gebrauch gemacht, weil bis zum 01.01.2019 noch nicht mit der Umsetzung begonnen wurde, wäre das TB-Merkmal „Gefährdung des öffentlichen Interesses“ zu prüfen. Das öffentliche Interesse ist gefährdet, wenn ein Schaden für wichtige Gemeinschaftsgüter droht. Eine Gefährdung des öffentlichen Interesses erscheint hier jedoch unwahrscheinlich. Somit gilt § 4 Abs. 2 Satz 2 ÖKVO, d. h. die Zustimmung erlischt fünf Jahren nach Bekanntgabe, sofern mit der Umsetzung der Maßnahme noch nicht begonnen wurde.

Bei Ökokonto-Maßnahmen, die ab dem 01.01.2019 nicht mehr ökokontofähig sind, die jedoch vor dem 01.01.19 anerkannt wurden und nach dem 01.01.2019 einem Eingriffsvorhaben zugeordnet werden, gelten die oben genannten Bedingungen entsprechend. Gemäß § 16 Abs. 1 Satz 2 NatSchG sind die günstigen Wirkungen der Ökokonto-Maßnahme zum Zeitpunkt der Zuordnung der Maßnahme zu einem Eingriff von der an der Zulassung des Eingriffs beteiligten Naturschutzbehörde festzustellen. Hierbei wird die Maßnahme an sich i. d. R. nicht mehr in Frage gestellt, sondern lediglich ihre ökologische Wirkung beurteilt.

Letztlich muss allerdings eine Beurteilung des Sachverhalts im jeweiligen Einzelfall erfolgen 


Informationen zur Bemessung des Gewässerrandstreifens im Gelände finden sich in dem Leitfaden 'Gewässerrandstreifen in Baden-Württemberg' (WBWF und LUBW 2015).

Anlage 2 Abschnitt 3 ÖKVO

(Stand 2015)

 

Für das Schutzgut Boden sind Maßnahmen ökokontofähig, durch welche Bodenfunktionen wiederhergestellt oder verbessert werden. Die Rahmenbedingungen, unter denen Maßnahmen im Wirkungsbereich Wiederherstellung und Verbesserung von Bodenfunktionen anrechenbar sind, z. B. Entsiegelungen, Rekultivierungen, Oberbodenauftrag oder Wiederherstellung von Sonderstandorten für naturnahe Vegetation, werden abschließend in Anlage 1 Nr. 4 ÖKVO aufgeführt. In Anlage 2 Abschnitt 3 der ÖKVO werden sie näher beschrieben.

Die Bewertung der Bodenfunktionen (Anlage 2 zur ÖKVO, Nr. 3.1.1) erfolgt auf der Grundlage des Leitfadens der LUBW (2010) 'Bewertung von Böden nach ihrer Leistungsfähigkeit', Reihe Bodenschutz Nr. 23. Die Arbeitshilfe der LUBW (2012) 'Das Schutzgut Boden in der naturschutzrechtlichen Eingriffsregelung', Reihe Bodenschutz Nr. 24 dient der Konkretisierung und Umsetzung der Bodenmaßnahmen.

Sofern sich eine Maßnahme außer auf Böden auch positiv auf die Grundwassergüte auswirkt, wird dies im Rahmen der Biotopbewertung oder gemäß Anlage 2 Nr. 3.2 der Ökokontoverordnung honoriert (Zuschlag gestaffelt nach hydrogeologischen Einheiten und ihrer Bedeutung für das Grundwasser). Eingriffe in das Grundwasser werden durch die Bewertung des Schutzgutes Boden abgedeckt.

Eine Übersichtskarte der hydrogeologischen Einheiten in der Maßstabsgenauigkeit 1:350.000 ist im Internet im Daten- und Kartendienst der LUBW > Wasser > Grundwasser und Wasserschutzgebiete > Grundwasser > Hydrogeologische Einheiten einsehbar. Detaillierte Informationen zur Verbreitung dieser Einheiten enthalten die geologischen Karten 1:50.000 des Landesamts für Geologie, Rohstoffe und Bergbau > Kartenviewer > Geologie > Geologische Karte 1 : 50.000 (GeoLA GK50); diese Daten sind außer für staatliche und kommunale Behörden des Landes Baden-Württemberg kostenpflichtig und können als Abonnement bezogen werden.

§ 2 Abs. 1 Satz 1 ÖKVO i.V.m. § 16 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG

(Stand 2011)

 

Voraussetzung für die Anerkennung einer Maßnahme des Naturschutzes und der Landschaftspflege als Ökokonto-Maßnahme ist, dass sie die Vorgaben des § 16 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG erfüllt, d. h. „ohne rechtliche Verpflichtung durchgeführt" wird.

Dies bedeutet, dass im Bereich der Wasserwirtschaft dem Träger der Unterhaltungslast am Gewässer im Ökokonto nur solche Gewässerentwicklungsmaßnahmen gutgeschrieben werden, die über die ihm konkret obliegenden wasserwirtschaftlichen Pflichten hinausgehen. Allein aus der Aufgabenzuweisung der Gewässerunterhaltung oder des Gewässerausbaus an das Land (Gewässer I. Ordnung) bzw. die Gemeinden (Gewässer II. Ordnung) ergibt sich noch keine konkrete Verpflichtung zu bestimmten Maßnahmen, solange erforderliche Unterhaltungsmaßnahmen nicht nach § 42 Abs. 1 Nr. 1 WHG im Einzelfall näher festgelegt sind. Zur Unterhaltung eines Gewässers gehören nach § 39 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 WHG zwar auch die Erhaltung und Förderung der Funktionsfähigkeit des Gewässers und die Unterhaltung muss sich nach § 39 Abs. 2 WHG an den aus der EU-Wasserrahmenrichtlinie abgeleiteten Bewirtschaftungszielen der §§ 27 bis 31 WHG ausrichten und den in einem Maßnahmenprogramm nach § 82 WHG, 66 WG gestellten Anforderungen entsprechen. Aus der allgemeinen Inhaltsbeschreibung der Unterhaltung sowie aus den Festlegungen in Maßnahmenprogrammen und aus den Bewirtschaftungszielen ergeben sich jedoch vor ihrer Konkretisierung in einer verbindlichen Regelung des Einzelfalles keine rechtlichen Verpflichtungen im Sinne von § 16 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG. Schließlich ergibt sich aus § 34 Abs. 2 WHG lediglich eine Pflicht der Wasserbehörde, zur Wiederherstellung der Durchgängigkeit oberirdischer Gewässer die erforderlichen Anordnungen zu treffen, jedoch - solange keine Anordnung ergangen ist - keine unmittelbare Pflicht des Gewässerunterhaltungspflichtigen oder Anlagenbetreibers.

(Stand Juli 2023)

 

Die Arbeitshilfe „Naturschutzrechtliches Ökokonto bei der Fließgewässerrenaturierung“ wurde von der LUBW Landesanstalt für Umwelt Baden-Württemberg 2016 herausgegeben. Inhalte sind unter anderem Grundprinzipien des naturschutzrechtlichen Ökokontos, Grundlagen zur Bewertung von Ökokonto-Maßnahmen, eine Übersicht möglicher Maßnahmen an Fließgewässern sowie Maßnahmenbeispiele. Aufgrund zum Teil veralteter Informationen wurde die Arbeitshilfe „Naturschutzrechtliches Ökokonto bei der Fließgewässerrenaturierung“ im Fachbereich Naturschutz zurückgezogen. Bei Bedarf kann diese auf Nachfrage jedoch zugesandt werden.

Wir weisen darauf hin, dass eine rechtliche Überprüfung durch das Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft Baden-Württemberg ergeben hat, dass bei der Aufzählung der ökokontofähigen Maßnahmen auf Seite 19 der Arbeitshilfe eine Korrektur notwendig ist: Die Erhöhung der Mindestwassermenge beziehungsweise die Reduzierung von Ausleitungen kann nicht als ökokontofähige Maßnahme anerkannt werden, da solche Maßnahmen nicht als „Maßnahmen des Naturschutzes und der Landschaftspflege“ im Sinne des § 16 Abs. 1 BNatSchG anzusehen sind. Die Ausleitung von Wasser aus dem natürlichen Lauf, beispielsweise zu Kühlzwecken oder zur Stromerzeugung, stellt eine Nutzung des Gemeinguts Wasser dar, die aufgrund des damit verbundenen Absinkens des Wasserspiegels negative Auswirkungen auf den Naturhaushalt hat. Der Verzicht auf einen Teil der Ausleitung zur Erhöhung des Mindestwassers minimiert diese negativen Auswirkungen lediglich.